Keine Lust auf Gerangel

Ethikkommission entlastet Weiss und entzieht sich Verbandspolitik

Berlin, 13. Juli. Vor 13 Tagen flatterte der Ethikkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ein weiteres anonymes Schreiben ins Haus, in dem der Präsident des Deutschen Basketball-Bundes und Sprecher der Spitzenverbände, Ingo Weiss, beschuldigt wurde, gegen Ethikregeln verstoßen zu haben. (sportspitze berichtete). Nun wurde der Funktionär von der Kommission entlastet. Zugleich wies das Gremium darauf hin, dass es sich nicht für verbandspolitische Auseinandersetzungen missbrauchen lassen will.

Dem Münsteraner war vorgeworfen worden, dass er sich bei der Einkleidung für das Team D in Hamburg Freiwilligen gegenüber lautstark daneben benommen habe. Er hätte junge HelferInnen unter Druck gesetzt und angeschrien. Weiss fühlte sich zu Unrecht beschuldigt und machte die Vorwürfe auch öffentlich. Rückendeckung bekommt er nun von der Kommission, die nach ihrer Untersuchung feststellt: „Nach Auskunft des DOSB war Herr Ingo Weiss berechtigt, mit der Olympiakleidung ausgestattet zu werden.“

Wahrnehmung

Auch bei diesen Vorwürfen spielen persönliche Wahrnehmung, Sensibilität und Empfindlichkeiten im Umgang miteinander eine Rolle: Was für den einen „gar nicht so schlimm war“, ist für andere „unverschämt und respektlos“. Die Kommission interpretiert die Empfindungen der Beteiligten nun so: „Eine Meinungsverschiedenheit über die Frage, wohin die Olympiakleidung geschickt werden soll, ist ein unbedeutender Vorgang zwischenmenschlichen Verhaltens, der weit weg von einem Verstoß gegen ethische Regeln ist. Das gilt selbst dann, wenn es hierbei lautstark zugegangen sein sollte“, heißt es in der Stellungnahme.

Auch den Vorwurf, Weiss habe eine Vertrauensabstimmung durchsetzen wollen, entgegen der Kommissions-Empfehlung, dass sich DOSB-Präsident Alfons Hörmann Neuwahlen stellen sollte, ist für die Kommission kein Verstoß gegen die Ethikregeln. „Die Beeinflussung des Präsidiums mit dem Ziel, dass das Präsidium einen bestimmten Beschluss fassen möge, ist eine verbandspolitische Frage. Ein ethischer Verstoß deswegen scheidet aus.“ Vielleicht sieht das der Kommissions-Vorsitzende Thomas de Maizière deshalb sehr gelassen, weil er das aus politischen Gremien zur Genüge kennt. Aber trotzdem sind Befindlichkeiten aller Beteiligten nicht immer Kinkerlitzchen, die man einfach so abtut. Jedenfalls: Die Kommission hat Ingo Weiss entlastet und kann in den Vorwürfen keine Verstösse gegen Ethikregeln erkennen.

Kein gutes Gefühl

Das Ethik-Gremium scheint aber nichts Gutes für die die nächste Zeit auf auf dem Verbandspolitik-Parkett zu erwarten. Denn vorsorglich weist sie schon einmal darauf hin: „Eingaben von anonymen Hinweisgebern sind zulässig und möglich, sollten aber eine Ausnahme sein und unter Umständen erfolgen, wenn der oder die Hinweisgeber durch eine Offenlegung des eigenen Namens erhebliche Nachteile zu befürchten haben.“ Beim ersten anonymen Schreiben von MitarbeiterInnen, das den DOSB-Tanker ins Schlingern brachte und auf Grund laufen ließ, war die Furcht sicher berechtigt.

Diesmal beurteilt die Kommission die Lage offensichtlich anders. „Der Hinweis ‚Die Mitarbeiterschaft des DOSB‘ [mit dem der Offene Brief unterschrieben war, Red.] erweckt hier den vermutlich unzutreffenden Eindruck, es handle sich um eine Eingabe der gesamten Mitarbeiterschaft.“

Hauen und Stechen

Hört man sich in den Mitgliedsverbänden um, dann fürchten manche nun bei der Neuaufstellung des Dachverbandes ein intrigantes Hauen und Stechen – wieder mal hinter den Kulissen. Und Auseinandersetzungen mit harten „Bandagen“, wie ein Verbandsvertreter sagte. Manche haben da noch alte Rechnungen zu begleichen, befürchten andere.

Deshalb macht die Ethikkommission ihre Schotten dicht und entzieht sich drohendem Verbandsgerangel: „Die Ethikkommission wird sich in die verbandspolitischen Debatten der nächsten Wochen und Monate über die Führungsfrage des DOSB nicht einbinden lassen.“ Aber das wollte jetzt doch ohnehin keiner.

Der letzten Bemerkung in der Stellungnahme kann man allerdings nur zustimmen: „Die Vertrauenskrise wird nur durch Offenheit und Aufeinanderzugehen behoben.“ Wenn man allerdings diese Einsicht nicht findet, ist ein Neuanfang schon jetzt zum Scheitern verurteilt.