DOSB und BMI ändern wieder Spielregeln/ PotAS uminterpretiert/ Hat sich die Reform erledigt?
Berlin, 20. Dezember. Gerade vor Weihnachten und dem Jahresende denkt man über so allerlei Bescherungen nach. Da kommt einem dann auch die Reform des deutschen Spitzensports in den Sinn. Nun haben der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), das Bundesinnenministerium (BMI) und die Länder weiter an ihrer gemeinsamen „Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung“ herumgebastelt. Und nachdem wieder ein Jahr mit Experimenten und Versuchsreihen verstrichen ist, stellen sich nicht nur Kritiker mit Blick auf das Umsetzungsgeschehen die Frage: Was soll denn da noch rauskommen?
Der deutsche Sport schafft es tatsächlich die Chaostheorie zu widerlegen: Denn mehrfach hat er das Experiment Spitzenreform identisch wiederholt – und am Ende bleibt alles wie gehabt. Und an Skurrilität sind manche Vorgänge kaum noch zu übertreffen, was sich am Umgang mit Kernstücken dieses Runderneuerungsversuchs wie den Bundesstützpunkten, dem Potenzial-Analyse-System (PotAS) oder der fragwürdigen Trainersituation belegen lässt.
Es lohnt ja immer wieder ein Blick in das 49 Seiten umfassende Reform-Konzept. Schon die Inhaltsübersicht illustriert den Stillstand. So gut wie keinen Punkt kann man als „erledigt“ abhaken. Sicher, gut Ding will Weile haben, aber dennoch müsste man nun schon mal mit einigem wirklich in die Puschen kommen.
DOSB- Präsident Alfons Hörmann sieht die Reform auf gutem Weg, wie er auf der Mitgliederversammlung in Düsseldorf sagte. Dass der Weg schwierig sein würde, naja, das hätten er und der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière ja gewusst, als sie mit ihrem gemeinsamen Projekt an den Start gingen. Und dass sich auch in nächster Zeit jetzt so etwas wie ein „Wohlfühlmodus“ einstellen werde, davon sei nicht auszugehen.
Nach wie vor Streit um Lufthoheit
Vom Auf-der-Stelle-Treten oder gar Scheitern des 2015 schon mal als „Jahrhundertreform“ gefeierten Projekts redet Hörmann nicht. Aber hinter den Kulissen ist man sich weiter weder grün noch einig: DOSB und BMI, DOSB und Spitzenverbände – alle wollen die Lufthoheit über den deutschen Sport. Zumindest wollen sie nicht von ihren in Jahrzehnten gewachsenen Ansprüchen und Gewohnheiten abrücken. „Autonomie des Sports“ heißt das im Sprachgebrauch, wobei man sich innerhalb des Sports auch nicht einig ist, wer denn nun autonom bestimmt, was der jeweils andere zu tun und zu lassen hat. Und in der ohnehin schon verzwickten Beziehungskiste wird dann die Rolle eines Sportministers, der immer mal wieder mit Überraschungs-Coups seiner eigenen Abteilung in die Parade fährt, zum Vater vieler und neuer alter Probleme: Horst Seehofer erweist sich nicht selten als sportpolitischer Kamikaze-Flieger.
Nun war ja die Reform nach den Olympischen Spielen in London 2012 deshalb angeleiert worden, weil das Abschneiden der deutschen AthletInnen zu wünschen übrig ließ – in den Augen von Funktionären, Politik und auch Medien. Immer mehr Steuergeld in den Spitzensport, immer weniger Medaillen – die Rechnung ging nicht auf. Das BMI brauchte eine Rechtfertigung für den stets wachsenden Mittelaufwuchs. Und für den DOSB war das Reformvorhaben ein guter Anlass, noch mehr Geld herauszuholen. Denn, die Begründung von Dach- und Fachverbänden lautete ja immer: Wir können nur erfolgreicher sein, wenn wir noch mehr Geld bekommen. Was durch Fakten nicht zu belegen war (und ist).
Alles sollte also anders werden: Mit einer harten Analyse Übersicht in die verkrusteten, eingefahrenen Strukturen der Verbände bringen, gefolgt von der Umsetzung der eigenen Vorgaben. Und dann sollten die Mittel- so die Vorgabe des Bundesrechnungshofes – transparent vergeben werden. Dafür wurde das Potenzial-Analyse-System – kurz PotAS – als ein Kernstück dieser Reform eingerichtet.
Abschied mit Rückwärts-Salto
Sportarten und Disziplinen wurden in drei Fördergruppen eingeteilt – die sogenannten Cluster. So gab es ein Exzellenz-Cluster mit optimaler Förderung, ein Potenzial-Cluster mit mittlerer und ein Cluster mit wenig oder gar keinen Erfolgsaussichten.
Von dieser Cluster-Einteilung, die durch ein statistisches Berechnungsmodell und auf der Grundlage von 151 Fragen, die die Verbände beantworten mussten, zustande kam, haben sich DOSB, BMI und PotAS-Kommission nun quasi mit einer Rolle rückwärts verabschiedet. Das kam aber nicht überraschend, wenn man weiß, was hinter den Kulissen los war, als im Sommer die Einteilung für die Wintersportverbände vorlagen. Dennoch, überraschend für eine Reihe von Spitzensportverbänden, die vom „Aus“ der Cluster in Düsseldorf erfuhren. Bei der Mitgliederversammlung lobte Bundesinnenminister Horst Seehofer PotAS, und man fragt sich, ob er bei seiner Rede auch hier tatsächlich auf dem neuesten Stand der Dinge war.
Was passiert da? Die PotAS-Kommission ist sozusagen der Musterknabe in Sachen Reform, war sie doch das Gremium, das seine Hausaufgaben unter hohem Aufwand und Zeitdruck erledigt hat. Da die Ergebnisse nun offensichtlich nicht „wunschgemäß“ ausgefallen sind, war Ärger programmiert. Das überrascht nicht. Wissenschaft und Spitzensport: In manchen Fällen läuft das mittlerweile gut, in anderen nicht. Von Anfang an war PotAS ein ungeliebtes Kind – denn der Sport musste sich zu sehr in die Karten schauen lassen. Auch hier steht das Klagen über zu viel Bürokratie, zu viele Fragen, die es zu beantworten gilt, als Synonym für den Widerwillen zur Veränderung.
Erst Lob, dann Ärger
Dennoch fanden einige Verbandsverantwortliche lobende Worte, weil durch PotAS „viele Stärken und Schwächen in den einzelnen Verbänden aufgezeigt wurden, die sehr hilfreich im eigenen Umsetzungsprozess sind.“ So fasste es der damalige Sprecher der Spitzenverbände Siegfried Kaidel zusammen. Doch als dann die Cluster-Ergebnisse aus den Wintersportverbänden vorlagen, wurde das Berechnungsmodell von einigen SportfunktionärInnen heftig kritisiert. Der Vorsitzende der Kommission, Urs Granacher, bestätigt auf Anfrage, dass es Kritik gab.
Jetzt ein Ranking
Nun sollen die Sommersportverbände nach einem Ranking eingestuft werden. Die Kommission überarbeitet gerade die Kriterien für die Erhebung, die im Frühsommer beginnen soll. Warum nun also ein Ranking? Dirk Schimmelpfennig, Vorstand Leistungssport im DOSB, antwortet auf Anfrage so: „Die Clusterung nach der Gaußschen Normalverteilung gibt vor, dass das erste und dritte Cluster immer gleich groß sein müssen. Das Ranking gibt bei der Bildung von Förderklassen mehr Flexibilität.“ Nun werden also die Erfolge aus der Vergangenheit,Potenziale und Strukturen bewertet, die dann den Platz auf der Ranking-Liste ergeben.
Das BMI erklärt die Änderung der Spielregeln so: „Die erste Potenzialanalyse im Sommersport soll, um in der Haushaltsaufstellung 2021 berücksichtigt zu werden, mit engerem Zeitplan durchgeführt werden. Die Gruppe ist deutlich größer als die des Wintersports. Bei den Wintersportverbänden gab es erheblichen Diskussionsbedarf zur Einordnung und Cluster.“ Und weiter: „Ein vergleichbarer Zeitaufwand steht für Gespräche mit den Sommersportverbänden bei der engen Zeitvorgaben für PotAS bei paralleler Olympiade in Tokio schlicht nicht zur Verfügung. Auch hat die erste Analyse im Wintersport gezeigt, dass eine Differenzierung zwischen den Verbänden auch in Abfolge des Rankings erfolgen kann.“
Hört sich alles irgendwie nach Ausreden an.
Zu hohe und falsche Erwartung
Mit PotAS haben die Auftraggeber aus BMI und DOSB von Anfang an Erwartungen geschürt, die nicht zu erfüllen waren. Und damit auch heftigen Widerspruch produziert. Denn: Die ursprüngliche Aufgabenstellung der Potenzialanalyse wurde verändert. Nach heftiger Kritik wurde davon abgerückt, individuelle Karriereverläufe und somit sportlichen Erfolg zu prognostizieren. „Die sportliche Leistungsentwicklung eines Athleten ist planbar, nicht aber der sportliche Erfolg“ betont Granacher. Die Verbände werden von PotAS in den Kategorien Erfolge, Potenziale und Strukturen analysiert. Damit will man die Rahmenbedingungen für AthletInnen und TrainerInnen verbessern – und so die Wahrscheinlichkeit für sportliche Erfolg erhöhen. Granacher und die Kommission haben letztendlich dem Ranking-Verfahren zugestimmt, weil es immer noch eine leistungsbezogene Klassifizierung der Disziplinen und Disziplingruppen zulässt.
Braucht man dann eigentlich ohne Clusterung noch PotAS? Die Lesart des BMI lautet heute: „Die PotAS-Kommission leistet eine umfassende Analyse und erstellt einen Quervergleich aller Verbände. Verzichtet wird allein auf eine mathematische Berechnung der Cluster. Die fachliche Bewertung und Analyse der Potenziale und Erfolge der Athleten sowie die strukturierten Stärken und Schwächen der Verbände werden vollumfänglich durchgeführt und werden bei der Mittelvergabe entsprechend berücksichtigt. Die Arbeit der PotAS-Kommission und die dort erzielten Ergebnisse sind und bleiben die Grundlage für alle nachfolgenden Förderentscheidungen des Bundes“.
Bisher nicht veröffentlicht
Doch auch wenn man die Grundlagen hat, geht es nicht unbedingt weiter: Denn bisher sind die Fördersummen für die Wintersportverbände immer noch nicht veröffentlicht. Eigentlich sollten – so war ja der Anspruch in Sachen Transparenz – nach den abgeschlossenen Gesprächen von Struktur- und Förderkommission etwa auch die festgelegten Fördersummen veröffentlicht werden. Warum ist das bisher nicht passiert? „Die abschließenden Fördersummen sind aufgrund der Ergebnisse der Bereinigungssitzung vom November 2018 (Erhöhung der Sportfördermittel) und den Verbandsgesprächen im Dezember 2018 noch nicht abschließend bestimmt“, heißt es dazu aus dem BMI.
Und Schimmelpfennig sagt dazu: „Wesentlicher als die Vergleiche der Spitzenverbände untereinander waren für BMI und DOSB die Ausprägungen der von jedem Spitzenverband jeweils zu verbessernden Attribute. Die Ergebnisse sind aber trotzdem auf der PotAS-Internetseite veröffentlicht.“ Aha…
Wie geht es mit PotAS tatsächlich weiter, die im Jahr ca 700 000 Euro kostet? DOSB-Verantwortliche reden davon, dass PotAS nun für Qualitätsmanagement zuständig sein soll. Urs Granacher sagt dazu: „Wir identifizieren auf einer objektiven Grundlage Stärken und Schwächen der Verbände in den genannten Kategorien Erfolge, Potenziale und Strukturen. Allerdings ist die Schwächen-Stärken-Analyse nur der erste Schritt von vielen notwendigen Schritten im Rahmen eines Qualitätsmanagements“
Viele Kritiker sehen sich nun darin bestätigt, dass PotAS nicht die im Reformkonzept formulierten Ziele umsetzt. Und man am liebsten so weitermachen würde wie bisher. Ein Vorwurf, der weder den Verantwortlichen im BMI noch dem DOSB gefallen dürfte.
Objektiv gesehen – weiter so
Weiter so – das gilt auch für die Bundesstützpunkte. Objektive Beurteilung – nur, solange eigene Interessen nicht berührt sind. Und wenn dann auf der Streichliste, die es gibt, der eigene Stützpunkt dem Rotstift zum Opfer fallen könnte, wird Druck gemacht: Kommunal- und Landespolitiker, aber auch Sportfürsten greifen dann schon mal zum Telefonhörer und rufen den Minister oder Staatssekretär an, dass das so nicht geht.
Überlegungen nach dem Motto: „Bloss nicht auch noch Ärger mit und wegen dem Sport“, scheinen den Bundesminister für Inneres, Bau und Heimat – auch zuständig für Sport – Horst Seehofer bewogen zu haben, das Bundesstützpunkt-System zu lassen, wie es ist. Zumindest bis 2020. Aber da könnte man ja vergessen haben, dass da immer noch eine unvolkommene Streichliste existiert…
Auf Vergessen statt auf Handeln setzen ist mittlerweile Methode im politischen Geschäft. Und deshalb auch oft getroffene Absprachen nicht mehr wahrhaben zu wollen. Wie lange also werden die neuesten Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern vom November zum Thema Reform halten, bevor sie sich wieder ans eigene Hemd und nicht an den Wäschekorb der anderen erinnern? Und was bedeuten die Vereinbarungen überhaupt unmittelbar vor Ort und regional für den Sport, wenn die Länder nun vom Bund für den Spitzensport mehr zur Kasse gebeten werden?
Optimierung der Trainersituation
Immer wieder gerne liest man in dem Konzept auch das Kapitel über die „Optimierung der Trainersituation“, an der man sich auch seit nunmehr über 30 Jahren versucht. Spricht man Dafni Bouzikou, Vorsitzende des Bundesverbandes für Trainer im deutschen Sport (BVTDS), auf die Situation ihrer Klientel an, dann wiederholt sie unermüdlich: „Wir wollen endlich vernünftige Arbeitsbedingungen , eine angemessene Bezahlung und soziale Absicherungen.“
Das wollen alle Beteiligten, auch DOSB und BMI. Seit gut einem Jahr saß die „Arbeitsgemeinschaft Mustervertrag“ mit Experten aus dem DOSB, Trainerverband, Fachverbänden und BMI daran, „Verbesserungen der arbeitsvertraglichen Rahmenbedingungen für TrainerInnen“ auszuarbeiten. Heraus kam ein 30 Seiten umfassendes Konzept mit Umsetzungsempfehlungen. „Nahezu alles, was zu regeln ist, ist darin geregelt. Die dringende Veränderung der Arbeitssituation von Berufstrainern wäre damit möglich“, sagt Bouzikou, selbst Trainerin und AG-Mitglied. „Das wäre der Durchbruch für uns. “ Leistungsgerechte Vergütung, Arbeitsschutz, das Recht auf akzeptable Vertragslaufzeiten, angemessener Arbeitsplatz, Mindesturlaub usw. sind einige Forderungen in dem Papier – und schon lange Selbstverständlichkeiten in anderen Arbeitsbereichen.
Aber nun ist Dafni Bouzikou deprimiert und frustiert. Auch sauer. Denn das aus ihrer Sicht abstimmungsfertige Papier wurde nach Protesten aus den Verbänden zurückgezogen, als überarbeitetes Eckpunktepapier der Mitgliederversammlung vorgelegt. Und nun ist wieder alles offen.
Schlecht gemacht
Dass es dazu kam, liegt – wie so oft bei dieser Reform – an einer unterirdischen Kommunikation vor allem innerhalb des Sports. Da hat die AG vor sich hingearbeitet, aber vergessen, dass man diejenigen, die es angeht, zwischendurch auch mal über den Stand der Dinge informieren sollte: Viel gedacht, schlecht gemacht. Erst einige Tage vor der Abstimmung wurde das AG-Papier den Verbänden vorgelegt – und bei denen gingen die roten Lichter an. Denn viele fühlten sich nicht nur bevormundet, sondern stellten vor allem die Frage, wer das denn alles bezahlen soll.
Womit wir beim BMI wären, das sich Anfang September per Brief beim DOSB meldete. Das BMI sah sich als „Gast“ am Tisch der AG, wie es in dem Schreiben feststellte. „An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich klarstellen, dass die Ergebnisse, der AG-Mustervertrag und das sich hieraus ggfls. erstellte Trainerkonzept gegenwärtig eine ausschließliche Angelegenheit des autonomen Sports sind und BMI diesen Ergebnissen, auch wenn BMI die Arbeit der AG-Mustervertrag begleitet hat, nicht zustimmt, sondern sie lediglich zur Kenntnis nimmt.“
Weiter wird darauf hingewiesen, dass man „ohne qualifizierte Beurteilung der finanziellen Folgen“ das Konzept nicht seriös beurteilen könne. Außerdem, so heißt es weiter in dem Schreiben, gebe es in dem AG-Papier Regelungen, die die Verbandsautonomie betreffen. Und ob sich die Fachverbände diesen unterwerfen, sei Angelegenheit des DOSB und der Sportfachverbände. Folge: Säuernis bei anderen AG-Teilnehmern wegen des BMI-„Rückzugs“.
Dirk Schimmelpfennig ist in Sachen TrainerInnen sehr engagiert. Und er weiß als ehemaliger Bundestrainer, wovon er redet. Nun also alles auf Reset… „Die AG wird sich, um einige wenige Experten der Spitzenverbände ergänzt, mit der Umsetzung des verabschiedeten Eckpunktepapiers befassen“, sagt er. „Das BMI hat sich nicht zurückgezogen, sondern vor allem auf die noch unzureichende Prüfung der Umsetzung des Eckpunktepapiers hingewiesen. Das holt die AG nun weiterhin unter Beteiligung eines Experten des BMI nach.“
Wie das BMI die künftige Zusammenarbeit sieht, erklärt es auf Anfrage so: „Das BMI war in den Sitzungen der AG Mustervertrag vertreten. Auf der Mitgliederversammlung des DOSB wurde ein Eckpunkte-Papier beschlossen. Sofern die AG weitergeführt werden soll, wird über die Beteiligung des BMI zu gegebener Zeit entschieden.“
Begeisterung sieht anders aus.
Während die AthletInnen es mittlerweile geschafft haben, ihre eigenen Wege erfolgreich einzuschlagen, ist bei den TrainerInnen, die zugegebenermaßen als Angestellte in Sportverbänden einen noch schwierigeren Status als AthletInnen haben, zielstrebiges Engagement noch nicht so ausgeprägt: Solidarität und sich im eigenen Berufsverband zu organisieren wären schon mal zwei entscheidende Schritte…
Rückwärts
Schritte, die derzeit in der deutschen Sportpolitik und den Verbänden von den Entscheidern getroffen werden, scheinen eher rückwärts gewandt. Vielleicht aus der Kenntnis heraus, dass man sich mit dem Reformvorhaben übernommen hat. Vielleicht auch, weil man des Streits zwischen der BMI-Sportabteilung und dem DOSB überdrüssig ist. Denn der schwelt trotz Personalwechsel weiter, nur auf subtilere Art. Und wird auch nicht besser durch die Nähe des DOSB-Präsidenten zum Minister, die neben der bayerischen Landsmannschaft auch das CSU-Parteibuch verbindet.
Vielleicht sind einfach alle der Reform müde, in der nahezu jede Versuchsreihe bisher kaum oder gar nicht funktionierte. Ineffektive Mixturen werden da aus föderalem Egoismus und unwilligen Verbänden zu Rohrkrepierern in den Reagenzgläsern von BMI und DOSB. So werden ständig neue und alte Zutaten geschüttelt – mit wenig Zuversicht, dass das mit dem alles verändernden Spitzensport-Urknall noch etwas wird. Es ist wie das Warten auf Godot…er kommt nicht.
Zumal wenn der Sportminister in seiner Funktion als Heimatminister ein Beispiel dafür gibt, wie man gleiche Lebensverhältnisse – ohne Veränderung nur mit einer neuen Interpretation schaffen kann: Etwa mit dem Erhalt von Bundesstützpunkten – auch wenn es dort aktuell keine Kader-AthletInnen gibt. „Es könnte ja einer kommen“, sagte der Minister in Düsseldorf. In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel ein Nachwuchs-Ruderer. Und da wäre dann wenigstens schon ein Stützpunkt vorhanden.
Die deutschen Steuerzahler bedanken sich für die ministerielle Weitsicht. Und sehen mit unruhiger Anspannung dem nächsten Salto rückwärts der Reformer Seehofer und Hörmann entgegen.