114 Millionen schrumpften auf 46 Millionen

DOSB-Wünsche gingen nicht alle in Erfüllung/ Haushälter beglückten aber andere

Berlin, 9. November. Nun sind es also 46,020 Millionen Euro mehr Förderung für den deutschen Spitzensport geworden, die die Haushälter des Bundestages im Bereinigungsverfahren bewilligt haben. Halt – doch nur 39 Millionen, die der sportpolitische Sprecher der CDU/CSU, Eberhard Gienger, in seiner Mitteilung als „starkes Signal für die Umsetzung und Finanzierung der Reform des Leistungssports“ bezeichnet. Oder rund 40 Millionen, wie SPD-Haushälter Johannes Kahrs nüchtern in der Auflistung „Haushaltspolitik für ein starkes Land“ schreibt.

Ja, es kommt wie immer darauf an, wie man sich etwas zurecht rechnet. Darin ist man im Sport groß, und mit der Transparenz… naja, das zeigt ja schon der Zahlensalat. Jedenfalls werden vom BMI   234,238 Millionen Euro (wenn wir die erste Zahl der zusätzlich genehmigten Mittel nehmen) im kommenden Jahr für die Spitzensportförderung (ohne die Mittel für Bundespolizei und Bundesinstitut für Sportwissenschaft ) zur Verfügung gestellt – erheblich weniger, als sich der Deutsche Olympische Sportbund in seiner Mehrbedarfsplanung vorgestellt hatte: Da standen nämlich im September noch 114 Millionen auf der Wunschliste.

Der DOSB rechnet sich jetzt 70 Millionen zusammen. Und vielleicht liest sich deshalb die DOSB-Pressemitteilung zum Haushalt für 2019 wie eine Jubelarie: „Das ist eine großartige Unterstützung für unsere Athletinnen und Athleten sowie unsere Verbände. Nach vier Jahren harter intensiver Reformarbeit mit durchaus schwierigen Phasen ist es Dank der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit dem BMI gelungen, einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur erfolgreichen Umsetzung de Reform zu erreichen“, lässt sich DOSB-Präsident Alfons Hörmann zitieren.

Naja, das mit der partnerschaftlichen Zusammenarbeit dürften die Mitarbeiter der Sportabteilung des Bundesinnenministeriums etwas anders sehen. Und wahrscheinlich macht sich nur verhaltene Feierlaune – sieht man die Forderungen, die man gestellt hat – beim DOSB breit. Einige „Mehrbedarfe“ sind gestrichen. Die Haushälter verteilten dennoch Gaben, die der DOSB gar nicht beantragt hatte. Dafür freuen sich nun andere. Etwa die Behindertensportler. Oder AthletInnen und TrainerInnen. Oder Kommunen, die überraschend besser bedacht werden als vermutet.

Gedämpfter Jubel?

„Für das Jahr 2019 sind damit zusätzliche Sportfördermittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro genehmigt, so dass das Niveau der Sportförderung des Bundes um ca. 42 Prozent auf nunmehr rund 235 Millionen Euro ansteigen wird“, heißt es in dem DOSB-Statement. Moment, wer hat denn da was missverstanden? Ist das der Versuch, trick- und wortreich zu verballhornen, dass es nun nicht ganz so gelaufen ist, wie man es wollte? Schließlich ist  ja in drei Wochen  Mitgliederversammlung mit Wahlen in Düsseldorf.  Da könnten unangenehme Nachfragen  vom Fußvolk die “ Krönungsmesse“ verhageln. Oder kommt da noch ein Nachschlag mit Hilfe der Amigo-Connection?

Denn, was die Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag (SPD) zu den Beschlüssen auf Nachfrage sagt, ist denn doch schon aufschlussreicher als die Zahl 70 Millionen, die da unkommentiert und -definiert im Raum stehen: „Nach den 23,287 Millionen Euro, die bereits im parlamentarischen Nachtragshaushaltsverfahren 2018 als Mittelaufwuchs für den Sport bewilligt worden waren, hat der Haushaltsausschuss in seiner gestrigen Sitzung weitere 22, 466 Millionen Euro für 2019 zusätzlich zum Regierungsentwurf 2019 bewilligt. Damit stehen für 2019 insgesamt 234,238 Millionen Euro für die Sportförderung zur Verfügung.“

Darunter sind Mittel, die der DOSB, wie gesagt, gar nicht gefordert hat. „Wesentliche Mehrbedarfe wurden vornehmlich für die unmittelbar den Athletinnen und Athleten und Trainerinnen und Trainern zu Gute kommenden Leistungen bewilligt, darunter sieben Millionen für die unmittelbare Athletenförderung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe und 450.000 Euro für den Aufbau und Betrieb der Geschäftsstelle des ‚Athleten Deutschland e.V.‘ Auch für den Sport der Menschen mit Behinderungen sind insgesamt 10,9 Millionen, rund drei Millionen mehr gegenüber 2018, zu verzeichnen“, sagt Freitag weiter.

Kein weiterer Aufschlag

Dagegen gibt es keinen weiteren Aufschlag für die Verbände. Das erklärt Freitag so: „Für die Jahresplanung der Bundessportfachverbände standen Ende Oktober noch rund 7,4 Millionen Euro aus dem Haushalt 2018 offen, für die Anträge der Verbände noch nicht vorlagen. Vor diesem Hintergrund waren zusätzliche Mittel zu dem im Regierungsentwurf 2019 vorgesehenen 13,569 Millionen Euro nicht durchsetzbar.“

Die nicht gestellten Anträge wurden zum klassischen Eigentor. Und brachten einige auf dem sportpolitischen Parkett die letzten Tage ins Rotieren. Was nun ziemlich verwundert, weil die Tatsache seit September auch öffentlich bekannt war.

Nicht nur in der Vergangenheit beklagte sich der DOSB  immer wieder über die .“Papierraschler“ im BMI und ihre „ausufernde Bürokratie, die nichts schnell bearbeiten“. Wie denn auch, wenn sie nichts zu bearbeiten haben? Wer hat sich da innerhalb des Sports auf wen verlassen? Auch ein klassisches Beispiel für mangelnde Kommunikation.

Stutzig gemacht

Die Obfrau der Grünen im Sportausschuss, Monika Lazar, wollte nicht glauben, dass die Mittel nicht abgerufen worden sind: „Die Meldung, dass die Verbände die zur Verfügung gestellten Mittel 2018 eventuell gar nicht ausschöpfen, hat mich zumindest etwas stutzig gemacht.“ Sie fordert, dass sich der Sportausschuss damit beschäftigt, „am besten bald“.

Nicht nur damit sollte sich der Sportausschuss beschäftigen. Auch damit, inwieweit das Gremium seiner gutachterlichen Aufgabe nachgekommen ist. Denn es stellt sich schon die Frage, auf welcher fachlichen Grundlage die Haushälter entscheiden. Winken sie am Ende einfach durch? Auch Haushälter nutzen gerne die Möglichkeit, zum Gute-Laune-Bären zu werden, wenn sie denn entsprechend den Honigtopf über Hörmanns Sportdeutschland kippen.

Es hat schon eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet die Haushälter den Bundesrechnungshof beauftragten, die Umsetzung der Reform zu überprüfen. Auch sie wollten ja wissen, ob der DOSB und seine Verbände die Grundlagen für einen Mittelaufwuchs erfüllen. Obwohl der Bundesrechnungshof feststellte, dass mitnichten die Aufgaben erfüllt sind, hat das für den DOSB offensichtlich kaum Folgen. Es herrscht Reformstillstand. Dennoch: Das Füllhorn Steuermittel wird großzügig geschüttet. Wäre man nicht über die fehlenden Anträge für den Aufwuchs vom Sommer gestolpert, hätte es vermutlich einen höheren Aufschlag gegeben.