Hörmann wieder bereit – Opposition erfolglos bei Kandidatensuche – Schwanengesang verschoben
Berlin, 6. Oktober. Der deutsche (Spitzen-) Sport hat viele Probleme. Das gravierendste ist seine ehrenamtliche Führung. Und so ist die Nachricht, dass der umstrittene amtierende Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, vermutlich ohne MitbewerberIn wieder kandidieren wird, in vielerlei Hinsicht keine gute für den deutschen Sport. Und sie sagt viel über dessen Protagonisten und ihr Selbstverständnis sowie über Strukturen und daraus resultierende nicht vorhandene demokratische Prozesse.
Überrascht es nun, dass Alfons Hörmann wieder antritt, der sich ja im Sommer, wie er in Interviews bekundete, noch in der Nachdenk-Phase über eine weitere Kandidatur befand? Nein. Alles andere hätte überrascht. Jetzt, wo „CSU-Freunde“ im Bundesinnenministerium sitzen, wo er Oberwasser hat, da macht doch das „Ehrenamt“ wieder richtig Spaß. Das war in letzter Zeit häufig nicht so. Er fühlte sich schlecht behandelt: Nicht nur vom sperrigen BMI-Sportabteilungsleiter Gerhard Böhm, der nicht immer so wollte wie er, war er genervt – und hat mit dafür gesorgt, dass er ihn los wurde. Auch die Medien wollten ihm nur an den Karren fahren, meint der Allgäuer schon seit seinem Start im DOSB. So lässt er zwischendurch immer mal wieder fast feindselig zähneknirschend Sticheleien gegen die „freie Presse“ los. Und grantelt, dass das Ehrenamt nicht vergnügungssteuerpflichtig sei, denn er müsse sich doch eine Menge gefallen lassen.
Da hat der 58-Jährige recht. Was er aber nicht dazu sagt ist, dass er daran selbst schuld ist: Wer Mist baut, muss auch Kritik ertragen. Ein Grundmissverständnis des DOSB-Präsidenten und anderer Funktionäre ist, dass Medien PR-Abteilungen des DOSB und seiner Führungscrew seien, die beide in bestem, nicht realem Licht erscheinen lassen. Auftrag des Journalismus ist es aber, Sachverhalte zu schildern, Missstände und Fehlverhalten aufzudecken, einzuordnen und zu kommentieren – auch wenn das altmodisch klingt und aus der Zeit gefallen wirkt. Und: Es gibt noch KollegInnen, die diesen Auftrag ernst nehmen – zum Leidwesen der Macher im Sport.
Alfons Hörmann ist eine öffentliche Person und muss deshalb auch mit Kritik leben. Er hat freiwillig dieses Amt übernommen. Und hat sich, so wie es nun nach fünf Jahren scheint, damit überhoben.
Nicht immer dankbar
Ehrenamt. Der organisierte Sport könnte ohne die vielen Freiwilligen in Vereinen und Verbänden gar nicht existieren. Doch immer weniger sind bereit, sich einzubringen – auch die an der Basis erleben, dass man ihnen nicht immer dankbar ist, wenn sie sich engagieren. Doch die Welt da unten ist eine andere, weit ab vom DOSB und seinen SpitzenfunktionärInnen, „die sich für unsere Probleme doch nicht interessieren. Wir machen unser Ding und die ihres – die sind ganz weit weg.“
So urteilen Vereinsmitglieder, wenn man sie fragt, was sie vom DOSB erwarten. Und bedenklich sollte die Akteure ganz oben stimmen, dass ihr Bekanntheitsgrad sehr mäßig ist, und wenn sie etwas mit einem Namen verbinden, dann etwas Negatives.
Woran liegt diese Distanzierung, dieses Auseinanderdriften – das Leben in Sport-Parallelwelten? Sport an der Basis ist eben eine Nebensache, die Spaß macht, Hobby, Freizeitgestaltung und Kommunikationsfeld. Sport an der Spitze ist Macht, Einfluss, Glanz und Glimmer. Event, Imagepflege und Karriere. Und diejenigen, die oben landen, verfolgen nicht selten eigene Interessen. Um nun bloß nicht missverstanden zu werden: Es gab und gibt in Deutschland wunderbare, engagierte, fachkundige, glaubwürdige, erfolgreiche und ehrliche Spitzen-FunktionärInnen, die der Sache dienen. Und es gibt halt auch die anderen, die Trickser, die Seilschafts-Mitglieder, die Karriereplaner, die Machtbesessenen.
Der Berliner Politologe Ingo Peters beschrieb vor einiger Zeit für sportspitze.de einmal das Profil von Politikern und Sportfunktionären, die „sehr ähnlich gestrickt“ sind, wie folgt: „Macher-Mentalität, Chuzpe, Selbstgefälligkeit.“
Also wäre dann Alfons Hörmann angesichts dieses Anforderungsprofils der richtige Mann am richtigen Platz?
Widerstandsgruppe
Viele innerhalb und außerhalb des Sports sehen das nicht so. Das Gemaule und Gegrummel in Verbänden ist in den letzten Jahren – vor allem seit BMI und DOSB eine Spitzensportreform auf den Weg brachten und mit den Umsetzungsversuchen zu Gange sind – nicht weniger geworden. Offen reden wollen nach wie vor die wenigsten, und schon gar nicht wollen sie sich mit einer möglichen Gegenpositionierung aus dem Fenster hängen. Umso bemerkenswerter ist es dann doch, dass sich eine „Widerstandsgruppe“ aus Verbandspräsidenten formierte – mit einer Reihe Sympathisanten und Unterstützern, die einen Gegenkandidaten finden wollten, um nicht nur dem Meister von Sportdeutschland die Stirn zu bieten, sondern um den deutschen Sport zu befrieden. Doch genau da fängt die Crux an.
Schon als es um die Nachfolge von Thomas Bach ging, der das DOSB-Präsidentenamt als Sprungbrett für den Präsidenten-Stuhl des Olympischen Komitee (IOC) nutzte, standen geeignete KandidatInnen nicht gerade Schlange. Thomas Bachs Favorit Alfons Hörmann, ein Mann nach seinem Geschmack, vormals Präsident des Deutschen Skiverbandes (DSV) und Gefolgsmann des Olympiers in Lausanne, wurde gekürt. Die Verbände klatschten kritiklos und begeistert öffentlichen Beifall, moserten aber nach einiger Zeit hinter vorgehaltener Hand schon über Auftritte und Aussagen des Neuen. Was sich seit Beginn seiner Amtszeit 2013 kaum geändert hat.
Hörmann konnte sich vieles leisten – ohne Konsequenzen. Einige Beispiele: Aus der Zeitung erfuhr die Sport-Familie, dass Hörmanns Tätigkeit bei einem Dachziegelhersteller juristische Folgen hatte: Er musste einen Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen das Kartellrecht akzeptieren. Auch erst aus der Zeitung erfuhren die Mitgliedsverbände, dass dem Präsident, der heute Vorstandsvorsitzender bei dem Bauzulieferer der Schöck Gruppe mit Sitz in Baden-Baden ist, bei seinem vormaligen Arbeitgeber, dem zufällig gleichnamigen Unternehmen Hörmann, als Geschäftsführer fristlos gekündigt worden war. Firmenboss Hans Hörmann traf seinen Mitarbeiter offensichtlich zu selten am Schreibtisch an und teilte ihm, so war es u.a. im „Handelsblatt“ nachzulesen, per Brief mit: „Eine operative Geschäftstätigkeit lässt sich mit Ihrem zusätzlich übernommen Amt nicht vereinbaren.“ Hörmann soll daraufhin schriftlich seinem Arbeitgeber angeboten haben, das DOSB-Präsidentenamt niederzulegen. Was stande pede ein Dementi des DOSB-Chefs zur Folge hatte.Die Geschichte endete mit einer außergerichtlichen Einigung.
Man wundere sich schon, so war aus den Verbänden zu hören, das sei aber privat. Imageschaden für das Amt, den Sport? Die Sportfamilie schwieg sich dazu wieder mal öffentlich aus. Nur wenige reagierten, als aus heiterem Himmel der Vertrag mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Michael Vesper, der eigentlich in Rente gehen sollte, nochmal um ein Jahr verlängert wurde.
Ungewöhnlich auch die Art der Verpflichtung von Vespers Nachfolgerin Veronika Rücker. In Berlin tagten die Mitgliedsorganisationen im Rahmen des DOSB-Wahlhearings. Dass die neue Vorstandsvorsitzende, die bisherige Leiterin der DOSB-Führungsakademie in Köln „passgenau dem Anforderungsprofil entspricht“, wie Hörmann bei ihrer Vorstellung betonte, erfuhren die Sportvertreter nicht von ihrem Präsidenten in den Gesprächsrunden, sondern einen Tag später durch die Medien.
Klare Linie
Man ist bemüht, im Handeln, Vorgehen und den Aussagen von Alfons Hörmann eine klare Linie zu erkennen. Ein schweres Unterfangen: Was sagt er heute, was gilt dann morgen? Beispiel: Doping. Da eiert der Mann herum, der so gerne von „Klarheit und Wahrheit“ schwafelt, irritiert mit seinen Aussagen. Noch irritierender sind öffentliche Auftritte. Ein Mann sieht rot, so scheint seine Devise: Nach dem gescheiterten Olympia-Referendum in Hamburg holte Hörmann zu einem verbalen Rundumschlag aus und beschuldigte Kanzlerin Angela Merkel, den damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesinnenminister Thomas de Maizière, ihr fehlendes Engagement habe zur olympischen Pleite geführt. Selbst irgendwas falsch gemacht? Mitnichten. „Die globale Bedeutungszuweisung des Sports macht Fehleinschätzungen der eigenen Position schon möglich“, sagt der Politologe. Denn Hörmann sieht sich auf Augenhöhe und pflegt dann auch Allüren: Gespräche im BMI – eigentlich nur mit dem Minister, mit dem Staatssekretär gerade noch…
Alfons Hörmann und seine Wahrnehmungen. Da fällt einem sofort die Sache mit dem Athleten-Manifest ein: Bis heute schütteln Teilnehmer an der Bundespressekonferenz in Berlin den Kopf, wenn sie sich an den Auftritt des DOSB-Präsidenten erinnern, der nicht nur den neben ihm sitzenden Innenminister Thomas de Maizière verwirrte, als er plötzlich völlig verklärt aus einem Athleten-Manifest las, das es so gar nicht gab.
Blamable Aussetzer
Aussetzer gab es eine Reihe und TeilnehmerInnen an diversen Treffen berichten von lautstarken Ausfällen gegenüber Mitarbeitern, AthletInnen, Verbandsvertretern, Partnern aus der Politik oder auch mal Medienvertretern. Unberechenbar sei der Mann. Blamabel und peinlich seine Auftritte. Und gerade damit habe er das Image des deutschen Sports aber auch der FunktionärInnen „völlig ramponiert, und ernst nimmt uns auch keiner mehr wirklich“, sagt ein gefrusteter Verbandsmensch, der sich tierisch darüber aufregt, dass die Oppositionsversuche offensichtlich gescheitert sind.
Ob es doch noch eine Chance gibt, bis zur Mitgliederversammlung am 1. Dezember in Düsseldorf einen GegenkandidatIn zu finden, ist fraglich. Denn: Es hätte dem oppositionellen Suchtrupp klar sein müssen, dass es wenig aussichtsreich sein wird, einen geeigneten Kandidaten oder eine Kandidatin in den eigenen Reihen zu finden. Den meisten ist das eigene Hemd näher als alles andere. Und das hat seinen Grund. Es ist oft nicht fehlender Mut, sondern die Erfahrung, die manche engagierte Verbandsmenschen zögern lässt, sich kritisch zu positionieren. „Ja-Sager kommen prima mit dem Präsidenten aus. Wer sich wehrt, der bekommt das vom nachtragenden Hörmann dann bei passender Gelegenheit aufs Butterbrot geschmiert.“ Erlebnis-Schilderung eines Betroffenen, der kein Einzelfall ist, in zwei Sätzen zusammengefasst. Und er lobt den Präsidenten des Tischtennis-Weltverbandes. „Um so mehr Respekt verdient Thomas Weikert , der ja auch so seine Erfahrungen bei den Auseinandersetzungen um die Trainer-Akademie und der Wahrheitsliebe von Hörmann gemacht hat, dass er zumindest bereit war, darüber nachzudenken, ob eine Kandidatur in Frage käme. Und das auch öffentlich machte.“
Warum sich nun überhaupt eine Gegenbewegung formierte, formulierte der Sprecher der Spitzenverbände und Ruderpräsident Siegfried Kaidel so: „Es gab schon lange eine Unzufriedenheit mit Herrn Hörmann. Und als er eine erneute Kandidatur längere Zeit offengelassen hat, war es doch klar, dass Verbände sich schon mal nach einem potentiellen Nachfolger umschauten.“ Dass man sich viel zu spät und wohl planlos und ohne Strategie auf die Suche machte, obwohl man doch schon seit langem personell etwas verändern wollte, das müssen sich die Leader nun vorwerfen lassen. Und der Leidensdruck kann noch nicht so groß sein, denn außer Hörmann will ja offensichtlich keiner das Amt. Auf den Schwanengesang müssen also die Hörmann-Kritiker mangels Alternative noch warten.
Kein Riss
Von einem Riss im deutschen Sport will Hörmann nichts wissen. In einem Interview mit dem Sportinformationsdienst nach der Entscheidung der Spitzenverbände für ihn als Kandidaten sagt er: „Das Grummeln ist in Zukunft herzlich gerne mit denen zu diskutieren, die in der Verantwortung sind. Die Tatsache, dass heute ein klares Votum im Kreis der Spitzenverbände gegeben war und so gut wie alle Verbände mit von der Partie waren – das ist das, was zählt.“ Und weiter: „Die entscheidenden Momente sind in einer Demokratie, wenn es um die Abstimmung geht. Da war dieses Votum die beste Antwort auf die vergangenen Tage.“
Die Fachverbände haben tatsächlich in einer offenen Abstimmung für den amtierenden Präsidenten votiert – auch diejenigen, wenn sie denn überhaupt da waren, die zur Opposition gehören. Frage: Wie wäre das Votum ausgefallen, wenn es eine geheime Abstimmung gegeben hätte?
Apropos Abstimmung. „A Hund is a scho“, würden seine bayerischen Landsleute sagen, wenn es um strategische und taktische Vorgehensweise geht. Da ist er seinen Gegnern voraus. Denn einige Tage vor den Spitzenverbänden trafen sich die Landessportbünde, und ihre Vertreter. Rund zwei Drittel der Anwesenden waren mit der Leistung von Hörmann zufrieden, wie sie in einer Art „Abfrage-Runde“ kund taten. Nur leichte Kritik war zu hören. Ob er denn nun wieder kandidiere? Na, bei so viel Zuspruch – da kann man ja nicht nein sagen.
Die erneute Kandidatur-Bereitschaft Hörmanns ist gleich in einer Pressemitteilung des DOSB verbreitet worden, von der einige Teilnehmer genauso überrascht waren wie von dem Satz: „Vorausgegangen war ein einstimmiges Votum der LSB-Konferenz für seine Kandidatur.“ Wie? „An eine Abstimmung kann ich mich nicht erinnern. Es gab Wortmeldungen, aber keine Abstimmung. Aber auch keinen Widerspruch“, sagen jedenfalls Teilnehmer.
Lob vom rotierenden Silbersack
Joo, tricksen und mauscheln will gelernt sein! Passend dazu die Stellungnahme des Präsidenten des Landessportbundes Sachsen-Anhalt, Andreas Silbersack, der gleichzeitig Präsident der LSB-Konferenz ist, demnächst die Funktionärskarriere-Leiter hinauffällt und am DOSB-Präsidententisch als Vize für Sportentwicklung sitzen wird, während der bisherige Vize Walter Schneeloch im Rotationsverfahren Silbersacks Amt übernimmt. „Der heutige Tag ist ein guter Tag für Sportdeutschland und die Leistungssportreform. Mit seiner Bereitschaft, im Dezember erneut als Präsident des DOSB zu kandidieren, schafft Alfons Hörmann die notwendige Klarheit und Motivation, die auf den Weg gebrachten vielfältigen Projekte positiv zum Erfolg zu führen.“
Womit wir bei der Erfolgsbilanz des Präsidenten Hörmann wären. Mau ist sie, sind sich Beobachter und Fachleute einig. Die erste erklärte Chef-Sache wurde zur Pleite: Mit der anvisierten Olympia-Bewerbung und einem unwürdigen gegeneinander Ausspielen der möglichen Kandidatenstädte Hamburg und Berlin ging der DOSB baden. Die zweite zur Chefsache erklärte und dominierende Reform steht auch kurz vor dem Kollaps. Man kommt nicht vorwärts, umgesetzt ist herzlich wenig. Nur die PotAS-Kommission hat ihren Aufgaben-Katalog bisher erfüllt. Ausgerechnet PotAS, das ungeliebte Kind des DOSB-Präsidenten, ist der Musterschüler.
Ansonsten? Allgemeine Verunsicherung – nichts ist so, wie es sein soll. Das Reformpapier, das BMI und DOSB gemeinsam erarbeitet haben, scheint nur noch Makulatur. Ständig werden in dem laufenden Verfahren die Spielregeln verändert, Vereinbarungen wie die Stützpunkt-Reduzierung zurückgenommen, die Kehrtwenden passend von den Beteiligten interpretiert. Leichtes Spiel, weil Vereinbarungen nicht klar zu Beginn des Prozesses schriftlich fixiert wurden. Die Reform ist mittlerweile zu einer Farce geworden – die, wie Kritiker sagen, von Anfang an nur ein Ziel – jedenfalls von Seiten des Sports hatte: Dem Bund mehr Geld aus den Rippen zu leiern. Das man aber offensichtlich nicht so dringend braucht wie behauptet. Denn bisher liegen nicht alle Anträge von den Verbänden vor, wie Staatssekretär Markus Kerber vor den Landessportbünden beklagte, etwa die genehmigten Zusatzmittel abzurufen. Mittlerweile haben die politischen Entscheider im Ministerium sich offensichtlich wieder auf ihre alte Rolle des Geldgebers reduziert, die den Sport machen lassen. Sportfachlich sei der DOSB zuständig, lässt der Minister wissen. Was wohl auch heißt: Wir wollen wenigstens vor den nervenden Sportfunktionären wieder unsere Ruhe haben. Die Arbeit der Sportabteilung aber nicht unbedingt erleichtert. „Die Symbiose zwischen Politik und Sport klappt meistens – die gegenseitig harmlos scheinende Nähe entpuppt sich als nutzbringender Klüngel der führenden Zirkel“, sagt der Politologe Peters. Zumal dann auch, wenn man noch eine Amigo-Connection hat.
Führungsstrukturen ändern
Strukturen aufbrechen und verändern, das bedeutet auch Führungsstrukturen ändern. Darüber wird wenig geredet. Die letzte Strukturänderung im DOSB, wo eine Direktoren-Ebene eingezogen wurde, über die das Präsidium wacht, ist irgendwie ein Papiertiger. Zumindest, wenn die Aufgabenteilung nicht funktioniert, und die Idee der Änderung verpufft, die Ehrenamtlichen nicht nur juristisch, sondern auch zeitlich zu entlasten: Derzeit reißt einer alles an sich – wozu braucht man da zum Beispiel noch einen Vizepräsidenten Leistungssport, wenn der Präsident auch seinen Bereich vereinnahmt? Machtfülle, Kontrolle über alles – das Credo des Bosses.
Amtszeiten begrenzen. Keine Ämtervielfalt. Besetzung von Präsidiumsämtern nur durch Wahlen. Keine Entscheidungs-Alleingänge des Präsidenten. Keine Ämter-Rotation. Ruhende Parteimitgliedschaft eines zur Neutralität verpflichteten DOSB-Präsidenten. Das wären nur einige Maßnahmen, die zu Transparenz, Glaubwürdigkeit und Vertrauen beitragen könnten, dass man sich doch besonders auf die Reformfahnen geschrieben hat.
Welchen Stellenwert hat das Amt eines Präsidenten im Deutschen Olympischen Sportbund, das jahrzehntelang für Respekt und Prestige stand, heute noch im Sport selbst und vor allem gesellschaftlich? Momentan doch offensichtlich einen geringen. Die oft zitierte starke Stimme des Sports wird dank des derzeitigen Amtsinhabers gesellschaftlich kaum wahrgenommen, wenn es um den Breitensport geht. Und wird als kreischende, immer nur fordernde auf Krawall gebürstete Stimme in Sachen Spitzensport unangenehm laut gehört. „Alfons auf Kriegspfad“ ist mittlerweile ein geflügeltes Wort auf dem sportpolitischen Parkett in Berlin, wenn er mal wieder im BMI oder Sportausschuss aufschlägt.
Sportvereinsmitglieder und schon gar nicht BürgerInnen – die manchmal ja auch ein und dieselben sind – würden liebend gern auf einen Präsidenten verzichten, der nach Gutsherrenart agiert und nur schlechte Schlagzeilen produziert. Es bräuchte jemanden, der zukunftsorientierte Ideen, ein Konzept für einen Sport für alle und nicht nur für den Spitzensport intensiv verfolgt. Es braucht jemanden, der sportpolitisch denkt, klar und zeitnah Stellung auch zu gesellschaftlichen Themen nimmt und Haltung gerade in politisch bewegten Zeiten zeigt. Und für eine offene Diskussionskultur sowie demokratische Vorgehensweisen und Umsetzung sorgt. So jemanden will der deutsche Sport offensichtlich aber nicht. Und so muss er weiter mit der „Klarheit und Wahrheit“ des Präsidenten Alfons Hörmann leben, der beweist, dass man auch mit der Kraft des Nichts an der Spitze bleiben kann.