Mayers neuer Ämter-Salto

DOSB-Vize in Wartestellung ist jetzt Sprecher seiner Fraktion im Sportausschuss

Berlin, 14. Dezember. Nach seinem Seitenwechsel in die Funktionärsetage machte er nun wieder einen Salto rückwärts auf einen Stuhl im Sportausschuss: Stephan Mayer erweist sich als sehr elastisch, was den Spagat zwischen Ämtern angeht: Mayer, ehemaliger parlamentarischer-Staatssekretär im Bundesinnenministerium, stellte sich mal wieder zur Wahl. Und wurde am Dienstag von der CDU/CSU-Fraktion zu deren Sprecher im Sportausschuss des Deutschen Bundestages gewählt. Weitere CDU/CSU-Mitglieder sind Fritz Günzler, Jens Lehmann, Johannes Steiniger und Dieter Stier.

Nicht nur die Delegierten, die ihn vor wenigen Tagen auf der Mitgliederversammlung in Weimar mit 257 Stimmen zum Vizepräsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gewählt haben, dürfte der Bundestagsabgeordnete damit vor den Kopf gestoßen haben. Wer sich in Verbänden umhört, der trifft auf Verwunderung und Verärgerung. „Was sich der in den letzten Wochen hier geleistet hat, ist schon ein starkes Stück“, sagt ein Verbandspräsident. Und steht damit für die Meinung einer Reihe anderer, die nun den neuesten Überraschungscoup des CSU-Politikers kommentieren.

Was treibt Mayer um?

Verstehe, wer will, was Mayer umtreibt. Nein, DOSB-Präsident wolle er auf keinen Fall werden, sagte er vor Monaten auf Nachfrage. Sportausschuss-Vorsitzender im Bundestag, da wäre er nicht abgeneigt – war auch eine Antwort.

Aber kurze Zeit später wurde bekannt, dass der CSU-Mann aus dem Wahlkreis Altötting bei der Findungskommission als DOSB-Präsidentenkandidat vorstellig geworden war. Um dann, nachdem er einer der drei ausgewählten Kandidaten war, bei der Vorstellung und Nominierung durch die Delegierten kurz vor Ende seiner Bewerbungsrede erklärte, nun doch nicht zu wollen. Und die Versammlung ziemlich düpierte.

Dann kam der nächste Knüller: Teamsport Deutschland nominiert den 48-Jährigen als ihren Kandidaten für ein Vizepräsidenten-Amt. Bis Freitagabend vor der Wahl dauerte das Geeiere, ob oder ob er nicht antreten werde. Kräftig rührten an diesem Abend noch der Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes Rainer Koch und Turnpräsident Alfons Hölzl die Werbetrommel und priesen den Bayern als Freund und Kenner des Sports an.

Nicht unproblematisch

Wohl wissend, dass die Wahl Mayers nicht unproblematisch sein würde: Denn der Politiker konnte nur unter Vorbehalt in das Amt gewählt werden. Als ehemaliges Regierungsmitglied muss er nach dem Bundesministergesetz eine Karenzzeit von 18 Monaten einhalten. Wer diese umgehen möchte, braucht von der Bundesregierung eine Freigabe. Diese hat der Oberbayer beantragt. Vorher muss das Karenzgremium, das die Bundesregierung beruft, Mayers Antrag prüfen und eine Empfehlung abgeben. Eine Überprüfung dauert im Normalfall etwa sechs Wochen.

Ob er also mit einer vorzeitigen Freigabe rechnen kann, ist unklar. Das war schon bei seiner Präsidenten-Bewerbung übrigens der Haken.

Nun also macht Mayer einen weiteren Ämter-Salto. Denn in den letzten Wochen überholte sich der smarte Bayer mehrfach selbst: Kaum gestartet, spurtete er los, um dann kurz vor der Ziellinie abrupt abzubremsen. Seine Begründung:, warum er doch kein Präsident werden wolle, war am 14. November in Düsseldorf: Er möchte nicht durch einen Wahlkampf – den es mangels Beteiligter gar nicht gab – die Gräben im deutschen Sport noch weiter vertiefen. Und dem Sport an anderer Stelle dienen.

Dienst-Stelle“

Die andere „Dienst-Stelle“ kam mit der Vizeposition schneller als gedacht: Dabei machte es den Unterstützern aus dem Sport wenig aus, dass Mayer da von der Seite des Zuwenders auf die Seite des Zuwendungsempfängers wechseln würde, was unter Good-Governance-Aspekten keinen guten Eindruck macht, wie nicht nur der Berliner Landessportbundpräsident Thomas Härtel in Weimar bemängelte. Mayer reagierte auf die Vorhaltung pikiert und erwiderte. Er brauche „keine Abkühlphase“. Und: „Es muss doch möglich sein, dass man sich als einfacher Abgeordneter ehrenamtlich in einem Bereich engagiert, in dem man Erfahrung hat.“ Im Prinzip ja, im Fall Mayer eher nein. Dass man Mayer nur unter Vorbehalt wählen konnte, kümmerte die Vize-Königsmacher auch nicht. Ihr Mann war Stephan Mayer – komme was da wolle.

Neue Wendung
Jetzt eine neue Wendung: Mayer, der mit 15 in den Kreisverband der Jungen Union Altötting eintrat, seit 2002 im Bundestag sitzt und auch bei der letzten Wahl mit großer Mehrheit seinen Wahlkreis gewann, gilt als Ziehsohn von Ex-Bundesinnenminister Horst Seehofer, der ihn 2018 ins BMI holte. Nun wurde er zum sportpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag gewählt.

Also:Vizepräsident des DOSB, wenn auch in Wartestellung, und sportpolitischer Sprecher? Geht das zusammen?

Vertreter aus anderen Parteien, aber auch aus dem Sport, sagen: Das geht nicht. Wenig Verständnis zeigen bei Nachfragen Verbandsmenschen angesichts des Ämter-Wirrwarrs um Mayer „Das ist doch alles überhaupt nicht mehr zu verstehen, was der sich da leistet“, schimpfte ein aufgebrachter Verbandspräsident. „Wir haben genug Probleme, da brauchen wir jetzt nicht auch noch ein Mayer-Problem“, sagt ein anderer.

Schon Tradition

Ungesunde Nähe und Ämterverknüpfung zwischen SportpolitikerInnen und FunktionärInnen hat allerdings eine ungute Tradition in der Republik. Und sorgt immer wieder für Ärger, Kritik und die Frage, wie unabhängig Zuwendungsgeber und Empfänger – sprich Sport und Politik – wirklich sind. Heftige Diskussionen gab es zum Beispiel immer wieder um Funktionäre als Mitglieder im Sportausschuss. Oder um Sportausschuss-Mitglieder und ihre Verbandstätigkeiten. Beispiele: Eberhard Gienger, der als Vizepräsident Leistungssport gleichzeitig CDU-Mitglied des Sportausschusses war. Auch die langjährige Vorsitzende des Ausschusses, Dagmar Freitag (SPD), wurde immer wieder kritisiert, dass sie als Leichtathletik-Vizepräsidentin und Ausschuss-Vorsitzende agierte.

Die Liste, wo sportpolitische Entscheidungsträger zu nahe im Sport verknüpft waren und sind, ließe sich fortsetzen. Stephan Mayer will diese Tradition der Ämterverknüpfung offensichtlich auch weiterführen. Übrigens galt der Ex-Staatssekretär Mayer auch lange als Vertrauter des umstrittenen Ex-DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann, mit dem ihn auch das CSU-Parteibuch verband.

Zumindest für den Neustart im DOSB, der ja Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Transparenz wieder herstellen will, wird die Personalie Mayer eher zu einer Belastung als zu einer unterstützenden Maßnahme.