DOSB-Präsident wird im Dezember nicht mehr antreten
Berlin, 16. Juni. Offensichtlich ist der Druck für Alfons Hörmann nun doch zu groß geworden: Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wird sich im Dezember nicht erneut zur Wahl stellen. Das verkündete die Dachorganisation auf ihrer Website. Neben Hörmann wird auch der Vizepräsident Kaweh Niroomand nicht mehr antreten.
Nachdem am Wochenende weitere heftige Kritik an Präsident, Präsidium sowie Vorstand geübt wurde und die Konferenz der Landessportbünde mit Beschlüssen bekundete, eigene Wege zu gehen, war es wohl die einzige und richtige Konsequenz des Allgäuers, die Notbremse zu ziehen. Spät, aber immerhin. In der DOSB-Meldung heißt es: „Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes hat heute einstimmig entschieden, auf die angekündigte Vertrauensabstimmung zu verzichten und im Dezember vorgezogene Neuwahlen durchzuführen. DOSB-Präsident Alfons Hörmann und der Vizepräsident für Wirtschaft und Finanzen Kaweh Niroomand haben zudem entschieden, sich nicht erneut zur Wahl zu stellen.“
Diesmal nicht geklappt
Vermutlich hat Hörmann vor allem bei der Konferenz der Landessportbünde und auch der den Spitzenverbänden gemerkt, dass er mit seiner Verteidigungstaktik und Abwiegelungsstrategie nicht mehr weiterkam – 1000 Mal hat‘s funktioniert, doch nun hat es „bäng“ gemacht. Auch der Umgang mit Athletensprecher und Präsidiumsmitglied Jonathan Koch, der sich nicht in die Korpsgeist-Linie einreihen wollte, kam bei vielen VerbandsvertreterInnen nicht gut an. Und vor allem die bislang unbelegte Behauptung, der Athlet sei vom Verein Athleten Deutschland und dem Sportausschuss unter Druck gesetzt worden, seine Zustimmung zu Präsidiumsentscheidungen zurückzuziehen, war für viele nicht nur eine Ungeheuerlichkeit, sondern auch eine Ungeheuerlichkeit zu viel in dieser teilweise schon würdelosen Diskussion.
Bei dem Vorschlag, im September eine Vertrauensabstimmung im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung abzuhalten, folgten ihm schon nicht mehr alle: Während die Spitzenverbände zunächst den DOSB-Vorschlag unterstützten, forderten die LSB, dass der DOSB strikt den Empfehlungen der Ethikkommission folgen sollte: im Dezember Mitgliederversammlung mit Neuwahlen.
Nach erneuten „intensiven“ Beratungen mit den drei Verbändegruppen kippte der DOSB-Vorschlag, und nun wolle man mit vorgezogenen Neuwahlen einen „grundsätzlichen Neuanfang“ ermöglichen, heißt es in der Mitteilung.
Auch in seiner Erklärung zum Rücktritt ist seine Wahrnehmung eine andere als die derjenigen, die den DOSB seit Jahren begleiten. „In den vergangenen siebeneinhalb Jahren haben wir als Team alles dafür gegeben, den DOSB und den nationalen Sport zu professionalisieren und ihm eine starke Stimme zu geben. Wir haben viel erreicht.“ Team, starke Stimme? Da erntet er Widerspruch. Nicht bei der folgenden Einlassung: „Der DOSB und der gesamte Sport brauchen Stärke und Geschlossenheit, um weiterhin erfolgreich agieren und die Interessen der Mitgliedsorganisationen vertreten zu können. Das Wohl des deutschen Sports muss immer über den Ambitionen und Zielen der handelnden Personen stehen.“
Das sollten sich dann auch die übrigen Präsidiumsmitglieder ins Stammbuch schreiben, denn auch sie sind an der jetzigen Situation nicht unschuldig. Deshalb wäre es nur recht und billig, sich auch nicht mehr zur Wahl zu stellen. Kaweh Niroomand, der noch nicht so lange im DOSB-Gremium sitzt, geht mit Anstand.
Nach Tokio?
Nun soll ein geordneter Übergang vorbereitet werden. Und natürlich werde man alles für die AthletInnen, die nach Tokio reisen, von Seiten des DOSB tun. Ob Hörmann als Delegationsleiter in der Maschine nach Tokio sitzen wird, blieb bisher offen.
Angesichts des belasteten Verhältnisses zum Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, nach den Vorgängen rund um die Olympiabewerbung Rhein-Ruhr wird man sicher überlegen, ob der Noch-DOSB-Präsident der Richtige ist, am Rande der Spiele einiges zu befrieden.
Unter keinem guten Stern
Damit findet nun eine Amtszeit ein Ende, die von Anfang an unter keinem guten Stern stand. Führungsstil und robuster Umgangston des Präsidenten waren schnell und immer wieder Thema im Haus des Sports und auch bei Partnern aus Politik und Wirtschaft. Und bei den Medien, die zuletzt mehr mit Anwälten und deren Schreiben zu tun hatten als mit der DOSB-Pressestelle. Nun haben MitarbeiterInnen mit einem anonymen Brief, in dem sie nicht über den Präsidenten, sondern die gesamte Führungscrew aus Präsidium und Vorstand Klage führten und ihnen vorwarfen, für ein Klima der Angst verantwortlich zu sein, ihn zu Fall gebracht.
Thomas de Maizière, Vorsitzender der Ethikkommission, hatte in dem Bericht über die Aufarbeitung der Vorwürfe u.a. geschrieben: „Es gibt zu viel Selbstbespiegelung, Demotivation und Gerüchte, Unzufriedenheit und Unklarheit.“ Und dieser Zustand habe auch mit dem Führungsverhalten von Präsidium und Vorstand zu tun.
„Diese ganze Atmosphäre muss enden. Und dazu braucht man einen Prozess, und der Prozess heißt Herstellung von Vertrauen“ hatte de Maizière am Sonntag noch im Deutschlandfunk gefordert.
Nun scheinen Präsident und Präsidium erkannt zu haben, dass es ein „Weiter so“ nicht geben kann. Dass der Vertrauensverlust auf allen Ebenen irreparabel ist. Und dass sie die Plätze räumen müssen, um nicht noch weiteren Flurschaden in „Sportdeutschland“ anzurichten.