Sabine Poschmann soll übernehmen / Ullrich spricht von Kampagne
Berlin, 22. April. Frank Ullrich (SPD), Vorsitzender des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, wird das Amt im Aufsichtsrat der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) nicht annehmen. Das gab er in einer außerordentlichen Sitzung der Ausschuss-Obleute am Freitag bekannt. Für ihn soll seine Parteikollegin und Sportausschuss-Obfrau Sabine Poschmann das Mandat übernehmen. Darüber soll der Sportausschuss am Mittwoch entscheiden.
Der ehemalige Biathlon-Olympiasieger und spätere Bundestrainer der Biathleten und Langläufer Ullrich hatte nach heftiger Kritik das Amt zunächst ruhen lassen. Ullrich war von seiner Vergangenheit eingeholt worden: Seit 1991 gibt es Dopingvorwürfe, die von Teamkollegen, aber auch Aktiven erhoben wurden, die nie wirklich aufgeklärt wurden. 2009 bescheinigte ihm eine Kommission, die von seinem damaligen Arbeitgeber, dem Deutschen Skiverband (DSV), eingesetzt worden war, einen „unbewusst gesteuerten Verdrängungsmechanismus“. Das war allerdings kein Freispruch, denn: Die DSV-Aufklärer stellten auch fest, dass „alle im sportlichen Umfeld der Spitzenathleten tätigen Personen auf Grund der Art und Weise der Verabreichung der sogenannten „Blauen Pillen“ davon gewusst haben mussten, dass es sich um etwas „Verbotenes“ handelte“.
Die Unionsfraktion im Sportausschuss fand, dass angesichts der ungeklärten Vergangenheit der Sportausschussvorsitzende Ullrich, dem qua Amt ein Platz im Aufsichtsrat der NADA zusteht, nicht der geeignete Vertreter sei, der den Sportausschuss da glaubwürdig vertreten könnte. Außerdem stelle man mit dieser Personalie die gesamte NADA in Frage. Die CDU/CSU beantragte, dass der Thüringer auf das Amt verzichte.
Ullrich erklärte zunächst, das Amt ruhen zu lassen, was den Widerspruch des NADA-Vorsitzenden Hans Georg Näder weckte. Der erklärte, laut Nada-Stiftungsverfassung könne man das Amt nicht ruhen lassen, und der Sportausschuss möge die Angelegenheit bis zum 27. April – an diesem Tag findet die erste Aufsichtsratssitzung statt – geklärt haben.
Frank Ullrich scheint nun über die Osterfeiertage genügend Zeit zum Nachdenken gehabt zu haben. Und kam wohl zu dem Schluß, dass weiterer Widerstand und Beharren auf das Amt keine Ruhe bringen würde. Zumal nicht nur die Opposition, sondern auch die KollegInnen aus der Ampelkoalition dem 64-jährigen Thüringer wohl auch deutlich zu verstehen gaben, dass er wenig bis keinen Rückhalt im Sportausschuss habe.
In einem Statement, das der Redaktion vorliegt, wies er noch einmal alle Vorwürfe zurück. „Vorab möchte ich klarstellen, dass ich selbst keine Dopingmittel eingenommen noch die Einnahme angewiesen oder selbst welche an Athleten verabreicht und auch nicht die Einnahme überwacht oder kontrolliert habe“, so Ullrich. Und weiter: „Ich wollte, angesichts der wiederkehrenden Diskussion um meinen Sitz im Aufsichtsrat der Nationalen Antidopingagentur, das Amt vorerst ruhen lassen. Ich tat dies, um die Kritik bezüglich meiner Person abwägen zu können und auch das Vertrauen von Dopigopfern nicht zu beschädigen. Nachdem es eine Ruhensregelung nach den Regularien und Statuten der NADA nicht gibt, habe ich nach reiflicher Überlegung sowie Gesprächen mit meiner Fraktion beschlossen, das Amt gänzlich abzugeben.“
Er verzichte jetzt zwar auf das NADA-Amt, aber dass er sich selbst in die Bredouille gebracht habe, wolle er nicht einsehen, sagen Sportausschuss-Mitglieder. Er sprach von einer Hetzkampagne der Opposition und vor allem der Medien. Ob der Mandatsverzicht für Ullrich der erhoffte Befreiungsschlag war, wird sich zeigen.