Fast schon Kult: Fritz im Dialog

Unions-Obmann im Sportausschuss: Güntzler immer am Ball

Berlin,11. Februar. In lockerer Reihenfolge werden hier die neuen Obleute im Sportausschuss des Deutschen Bundestages vorgestellt. Diesmal ist Fritz Güntzler an der Reihe. Der CDU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis 53 in Göttingen ist erneut im Sportausschuss. Diesmal wurde der 55-Jährige von der Unionsfraktion auch noch zum Obmann gewählt. An seiner Seite als Sprecher sitzt der ehemalige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, der CSU-Parlamentarier und gebürtige Burghausener Stephan Mayer aus dem Wahlkreis Altötting.

MdB Fritz Güntzler (CDU) bei der Praxisarbeit. Foto: Privat

Sein Veranstaltungsformat „Fritz im Dialog“ oder „Fritz on (Sommer-) Tour“ haben schon so etwas wie Kultstatus in seinem Wahlkreis in der Studentenstadt Göttingen. Das sagen jedenfalls diejenigen, die schon häufiger da aufgeschlagen sind. Seit 2013, seit er im Bundestag ist, bietet Fritz Güntzler immer wieder Veranstaltungen mit Gästen aus allen gesellschaftlichen Bereichen an, um mit ihnen und dem Publikum aktuelle Themen zu diskutieren. Oder er tourt durch die Gegend, um vor Ort von den Leuten zu erfahren, wo es klemmt.

Fritz im ständigen Gespräch. Sich mit ihm zu unterhalten und eventuell auch zu streiten macht Laune. Natürlich auch, wenn es um Sport geht. Güntzler ist nicht nur Fan, sondern vor allem Fachmann und hat die richtige, kritische Distanz zum Sujet Sport, das er nun also – nach einer Legislatur als ordentliches Mitglied der Regierungsfraktion als Obmann in der Opposition zu gestalten, begleiten und auch mal zu kritisieren hat.

Rolle finden

Mal abgesehen vom neuen Amt – was ist anders im Vergleich zu den letzten vier Jahren? „Naja, wir müssen jetzt erstmal unsere Rolle finden. Nach 16 Jahren Regierung ist unsere Aufgabe jetzt eine andere“, sagt er. Und was heißt das? „Wir müssen versuchen, unsere Ideen auch in Regierungshandeln mit einzubringen. Das wird sicher ein beschwerlicher Weg.“

In vielen Themenfeldern scheinen die meisten Sportausschussmitglieder dieses Bundestages – wie eigentlich schon immer – nicht weit auseinander. Etwa, wenn es um Sportstätteninfrastruktur geht: „Das hat ja der ehemalige Bundesinnenminister Horst Seehofer angeleiert, aber es gibt noch viel Luft nach oben“, so der gebürtige Cuxhavener, der im niedersächsischen Göttingen schon genügend Diskussion zu diesem Thema geführt hat – als Kommunal- und Landespolitiker. „Es wurden einige Investitionsprogramme aufgelegt.“ Güntzler kann als studierter Betriebswirt und Steuerberater sowie Mitglied des Finanzausschusses mit Zahlen gut umgehen. Und er weiß, wie schnell Geld ausgegeben wird. Vor allem auch vom und für den Sport. Transparenz ist ein Wort, dass im Zusammenhang mit Mittelvergabe immer wieder im Gespräch auftaucht.

Bund und Länder seien nicht nur bei der Verbesserung der Sportinfrastruktur gefordert. „Gerade unter dem Brennglas Corona wurde deutlich, was für eine gesellschaftliche Bedeutung Sport hat.“ Aber Sport sei anfangs in politischen Entscheidungen nicht mitgedacht worden. Und dann wurde ein Flickenteppich von unterschiedlichen Corona-Regeln in den Ländern auch für den Sport ausgerollt, was nur noch zu mehr Verunsicherung geführt habe, ärgert sich Güntzler. Nicht nur wegen Corona sei ein verbessertes Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie den Sportorganisationen dringend nötig.

Grundsatzdebatte

Am Anfang soll da erst mal eine Grundsatzdebatte zur gesellschaftlichen Rolle des (Spitzen-)Sports im Bundestag stehen. „Der Sportausschuss ist die Stimme des Sports im Parlament, und wir müssen über die gesellschaftliche Rolle des Sports im Bundestag diskutieren. Wir sind uns im Sportausschuss, glaube ich, alle einig, dass eine Debatte dringend erforderlich ist“, sagt Güntzler.

Fritz Güntzler am 17.05.21 in Berlin im Deutschen Bundestag. / Foto: Tobias Koch (www.tobiaskoch.net)

Ja, die ist längst überfällig. Sie wurde nach der Einheit 1989 gefordert, dann bei der Fusion zwischen Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee von Deutschland 2006. Und zuletzt rund um die Spitzensportreform 2016. Jetzt also, wo sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) neu sortieren musste, vor allem wegen hausgemachter Probleme – also die neue Chance für eine breite gesellschaftspolitische Debatte?

Geht es nach Güntzler, dann muss der Sport aus vielerlei Gründen aufhören, „auf einem Pfad um die Probleme herum zu mäandern.“ Auch aus den Erfahrungen der letzten Zeit, wo der Sport insgesamt vor allem auch auf den Führungsetagen keine gute Figur abgab, brauche es eine klare interne und externe Kommunikation aller Beteiligten. Und auch hier: Transparenz. „Die Spitzensportreform war richtig, aber es ist vieles schief gelaufen. Beispiel: Es gab den Fehlglauben, dass mehr Geld auch gleich mehr Medaillen zur Folge hat.“ Und  manches sei auch an den Sportpolitikern vorbeigelaufen. Manchmal  habe es so ausgesehen als ob die HaushaltspolitikerInnen den Job des Sportausschusses gleich mit machten.

Neue Wege

Nicht nur er, sondern auch seine KollegInnen im Sportausschuss scheinen da nun neue Wege gehen zu wollen. Die Ampelparteien haben ihre Richtung im Koalitionspapier schon mal klar gemacht, in dem auch deutlich wurde, dass man sich auch wieder mehr für den Breiten-/Vereinssport einsetzen möchte. Und dass man verstärkt mit den AthletInnen und ihrem Verein Athleten Deutschland arbeiten möchte „den ich anfangs skeptisch sah, aber sehr positiv überrascht wurde“, sagt Güntzler, der als Kapitän des Fußball-Teams FC Bundestag ja irgendwie nachfühlen kann, wie das ist, wenn man sich an Bedingungen, Mitspielern, harten Trainern oder sturen Funktionären die Zähne ausbeißt.

Fußball, dafür nimmt sich der gelernte Schiedsrichter und FC Bayern Fan auf jeden Fall Zeit – wenn es sein Abgeordneten-Alltag zulässt. Irgendwann muss man ja nicht nur theoretisch am Ball sein, sondern auch die Praxis erproben.

Auf der To-do-Liste des Vaters zweier Kinder steht unter anderem die Evaluation der Spitzensportreform, um zu „wissen, wo und wie es weitergeht“. Das heißt: Eine Bestandsaufnahme, die Schwächen und Mängel darlegt, die zeigt, wo man Aufgaben erledigt hat, aber auch, wo man noch gar nicht angefangen hat. In manchen Bereichen könne dabei auch die Potenzialanalyse (Potas) helfen, das ja ein „lernendes System“ sei, hofft Güntzler.

Klare Steuerungsstrukturen

Bei aller Akzeptanz der Autonomie des Sports brauche es aber dort klare Steuerungsstrukturen. Die Aufgaben ehrenamtlicher und hauptamtlicher AmtsträgerInnen müssten deshalb klar sein – das professionelle Hauptamt ist für das operative Geschäft verantwortlich. Ob man Spitzensport dann in einer GmbH auslagert oder sich andere erfolgreiche Steuerungsformen anbieten – da müssen nun die Sport-Verantwortlichen für klare Lösungsvorgaben sorgen.

Kann der Sport das? Wollen die Verantwortlichen das überhaupt? Fragen, über die man mit Güntzler, der Sport nicht unbedingt so bierernst nimmt wie manch anderer aus dem Beritt, gut diskutieren kann.

Womit wir dann bei Olympischen Spielen – speziell den momentanen in Peking – wären, und wo wir ganz schnell in einer Grundsatzdiskussion landen. Sportgroßveranstaltungen, besonders Olympische Spiele in Deutschland sind nun keine Erfolgsgeschichte – zumindest im Bezug auf Bewerbungen. „Da wurde viel versiebt“, sagt Güntzler, ohne nun gleich wieder den Schwarzen Peter zu verteilen. Er spricht von (mangelnder) Ursachenforschung, Machbarkeitsstudien. Und auch hier fällt das Wort Transparenz. Man müsse BürgerInnen in ganz Deutschland etwa bei einer Bewerbung für Spiele von Anfang mitnehmen, klar sagen, was sie erwartet und was ihnen und ihrem Lebensumfeld  ein Olympia-Event bringen würde.

Das wird Fritz Güntzler spätestens dann tun, wenn er wieder auf Tour ist und es heißt „Fritz im Dialog“.