Anonyme Mail sieht im DOSB „Kultur der Angst“

NRW-Landessportbundpräsident Klett fordert Hörmanns Rücktritt

Berlin, 5. Mai. Den sofortigen Rücktritt des Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, fordert der Präsident des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, Stefan Klett. Der Chef des größten deutschen Landessportbunds reagierte nach Bekanntwerden eines Offenen Briefes, der im Namen von Mitarbeitern des DOSB anonym als Mail versandt wurde, heftig auf die darin erhobenen Vorwürfe. Hörmann selbst kündigte am Donnerstagabend eine schnelle Aufklärung an.

Adressaten der Mail mit dem Betreff: „Warum wir eine/n neue/n PräsidentIn brauchen“ waren Präsidium, Vorstand und Betriebsrat des DOSB, aber das Schreiben, in dem unter anderem der Führungsstil Hörmanns, interne Vorgänge und Vorkommnisse detailliert beschrieben wurden, war schnell auch anderswo im Umlauf.

Zerschnittenes Tischtuch

Offensichtlich auch in NRW. „Nach der destrastösen, wiederholten Olympiapleite, dem zerschnittenen Tischtuch mit dem IOC, dem Dilettantismus im Umgang mit der Einwirkung auf das Impfschutzgesetz bringt dieser Vorgang das Fass zum Überlaufen. Sein mangelnder Respekt vor den Mitarbeiter*innen und gleichsam der Breitensportbasis in den Sportvereinen schadet den wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben des DOSB. Herr Hörmann sollte umgehend zurücktreten und den Weg für eine Neuwahl frei machen. Der gemeinnützige deutsche Sport braucht Vertrauen, Transparenz und Menschlichkeit in der Pandemiezeit und einen Präsidenten, der seinen Mitgliedsorganisationen und der Basis zuhört, statt sie zu ignorieren“, sagte Klett gegenüber der ARD-Sportschau.

So klar wie Stefan Klett, der den mit fünf Millionen Mitgliedern größten Landessportbund in Deutschland und drittgrößten Verband von rund 100 Mitgliedsorganisationen im DOSB führt, hat sich bisher noch niemand geäußert. Viele in den Verbänden waren von dem Vorgang und dem Zeitpunkt der Mail-Versendung erst einmal überrascht.

Prüfen

Der DOSB bestätigte auf Anfrage den Eingang der Mail. „Es kursiert eine Mail. Wir haben die auch erhalten, ein anonymer Absender verwendet einen Fake-Account um Vorwürfe zu erheben. Angeblich gesendet an Präsidium und Vorstand und Betriebsrat, tatsächlich nur an einzelne Adressen aus diesem Verteiler. Trotzdem werden wir das anonyme Schreiben prüfen“, hieß es von der Pressestelle. 

Hörmann sagte der „Allgäuer Zeitung“ laut dpa: „In den letzten Stunden haben sich zahlreiche Führungskräfte und Mitarbeiter deutlich von diesem Stil und den Inhalten distanziert. Auch seitens der DOSB-Führungsgremien wird es zeitnah entsprechende Klarstellungen dazu geben.“

So darf es nicht weitergehen
Die Vorwürfe sind massiv.„Abweichende Meinungen werden (bestenfalls) abgebügelt und (schlimmstenfalls) bloßgestellt. Und so haben auch wir Angst. Angst davor, bei der Nennung unserer Namen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen, vielleicht sogar unsere Arbeitsstelle zu verlieren“, hieß es in der Mail weiter.

In dem Schreiben ist von fehlendem Respekt und Fairplay gegenüber MitarbeiterInnen in den Reihen der Führungsgremien die Rede. Es herrsche eine „Kultur der Angst“, ist da schwarz auf weiß zu lesen. 

Man habe sich mit einem Drittel der MitarbeiterInnen ausgetauscht, ehe das Schreiben verschickt wurde , hieß es. Am Donnerstag zeigten sich aber MitarbeiterInnen im DOSB, soweit sie telefonisch zu erreichen waren, von dem Schreiben überrascht. Inhaltlich wollten sie die Mail nicht kommentieren.„Ich kann ihnen dazu nichts sagen“, oder: „Ich will mich dazu nicht äußern“, waren am Donnerstag die meist gehörten Sätze bei der telefonischen Recherche.

Kein Kommentar vom Betriebsrat

Kein Kommentar war auch von den gewählten Vertretern der Belegschaft zu bekommen: Die Betriebsratsvorsitzende war nicht erreichbar, das einzige Mitglied des Betriebsrats, das ans Telefon ging, musste erst Rücksprache mit seiner Vorsitzenden nehmen – und erklärte dann per Rückruf, dass nur sie Auskunft gebe. Sie war aber auf telefonische Tauchstation gegangen.

Interessant wäre die Auskunft des Betriebsrats, weil in dem Schreiben steht: „Wir Mitarbeiter*Innen  haben uns bewusst entschieden, in dieser Thematik außerhalb des Betriebsrates zu kommunizieren. Wir glauben, dass der Betriebsrat hervorragende Arbeit leistet, und haben ihn im November über unsere Anliegen informiert. Wir glauben jedoch, dass es diesen Weg der Kommunikation bedarf. Schließlich haben wir nie den Eindruck gewinnen können, das Thema „betriebliche Mitbestimmung“ werde verbandsseitig in kritischen Themen allzu ernst genommen.“

Siehe auch Sportschau.de.