DOSB -Präsidium verlängerte Vertrag von Michael Vesper einvernehmlich
Berlin, 30.April. Er ist offensichtlich kein Stein des Anstoßes, und der Arbeitgeber ist mit ihm zufrieden Oder? Denn mitten in die Aufgaben- und Effizienzanalyse „Anstoß 2016“ des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) flattert die Nachricht, dass der Vertrag des Vorstandsvorsitzenden Michael Vesper bis 31. Dezember 2017 verlängert wird. Eigentlich wäre er am 30. September dieses Jahres zu Ende gegangen.
Am Dienstag in einer (lob)-preisverdächtigen Pressemitteilung, die manchen verschämt erröten lassen würde, wurde die Vertragsverlängerung mitgeteilt. Warum wurde gerade jetzt diese Nachspielzeit genehmigt? Gilt für den Vorstandsvorsitzenden und seinen Geschäftsbereich nicht auch die Check-Vorgabe des DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann, alles auf den Prüfstand zu stellen, um dann die richtigen Schlüsse für Inhalte und Strukturen zu ziehen? Auf diese Nachfrage kam vom DOSB die Antwort: „Wie alle anderen Geschäftsbereiche ist natürlich auch der Geschäftsbereich des Vorstandsvorsitzenden in die Aufgaben- und Effizienzanalyse eingeschlossen. Die Frage der Vertragsverlängerung stand jetzt an und ist vom Präsidium geklärt worden.“
Überrascht uns das? Nein. Vesper ist der starke Mann im Laden DOSB, und in eigener Sache lässt er sich nicht die Butter vom Brot nehmen.
Glaubwürdig?
Aber wie steht es nun um die Glaubwürdigkeit dieses DOSB und seines Präsidiums einen Neuanfang zu starten, wenn man nicht einmal den Schein wahrt und eine Untersuchung abwartet, die bei struktureller, personeller und inhaltlicher Mängelbehebung hilfreich sein soll? Es könnte ja sein, dass sie auch im Bezug auf den früheren Generaldirektor und heutigen Vorstandsvorsitzenden die eine oder andere Schwäche oder gar Versagen aufdeckt. Denn: Mag Vesper im Haus des Sports fast alle(s) im Griff haben, so misslang ihm aber vieles, was er seit der Fusion 2006 anpackte. Und da muss man nicht nur an drei vermurkste Olympiabewerbungen denken, die er mitzuverantworten hat. So jedenfalls urteilen interne und externe Kenner des DOSB.
Vesper ist umstritten. Im Sport, wo sich Mitgliedsverbände über seinen Führungsstil und seine Besserwisserei aufregen. Präsidiumsmitglieder und auch sein eigener Präsident sollen – zumindest zeitweise – ein sehr ambivalentes Verhältnis zu ihm haben. In der Politik, ob Bundesinnenministerium oder Sportausschuss, hält sich die Zuneigung zu „ VVV“ (Vorstands-Vorsitzender-Vesper) ebenfalls sehr in Grenzen. Das ist nun beispielsweise für Verhandlungen – derzeit über die geplante Spitzensportreform – nicht unbedingt von Vorteil. (Siehe Beitrag „Ein Fall für zwei“)
Einvernehmlich
Was also haben sich die Präsidiumsmitglieder gedacht, als sie ausgerechnet jetzt einer Vertragsverlängerung „einvernehmlich“ zustimmten? Gar nichts? Oder wollten sie einfach nur Ruhe und Harmonie demonstrieren, zumal Präsident Hörmann derzeit beruflich in schweres Wasser geraten ist? Zur Erinnerung: Der DOSB-Präsident ist von seinem Arbeitgeber, dem zufällig gleichnamigen Unternehmen Hörmann, im Februar als Geschäftsführer fristlos gekündigt worden, weil, wie die Wirtschaftswoche berichtete, Firmenchef Hans Hörmann offensichtlich seinen Mitarbeiter zu selten an seinem Schreibtisch antraf. Und es weitere Vorwürfe geben soll. In einem Brief schrieb, so die Zeitung, Firmenboss Hans Hörmann an den DOSB-Boss Alfons Hörmann: „Eine operative Geschäftstätigkeit lässt sich mit Ihrem zusätzlich übernommenen Amt nicht vereinbaren.“
Alfons Hörmann soll daraufhin seinem Arbeitgeber schriftlich angeboten haben, das Amt als DOSB-Präsident niederzulegen. Mittlerweile wird aber gestreut, dass diese Offerte nur ein taktisches arbeitsrechtliches Manöver gewesen sei. Jedenfalls: Fortsetzung folgt – im Juni vor dem Landgericht München. Alfons Hörmann hat gegen seine Kündigung geklagt.
Risikominimierung
War die Vertragsverlängerung Vespers also schon mal der Versuch einer Risikominimierung, falls da etwas schief gehen könnte? Und man dann plötzlich nicht nur einen neuen hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden, sondern auch noch einen ehrenamtlichen Präsidenten suchen müsste? Der Tanker DOSB gerade vor Olympia führungslos und noch mehr auf Schlingerkurs? Vesper also der Retter in der Not? Und dann vielleicht für den Rest seiner Amtszeit doch noch am Ziel als (Interims-)Präsident… Duale Karriere – im Sport war das bisher nur für Athleten gedacht.
Wer böte sich aber auch sonst an? Auf den ersten Blick niemand. Auf den zweiten? Auch niemand… Sicher fände sich ein bezahlter Hauptamtler (es soll schon einen potenziellen Nachfolger geben!!!) leichter als ein charismatischer Präsidenten-Kandidat.
Falscher Dampfer
Aber was macht man sich einen Kopf? Nun geht es weiter mit Vesper. Und, alle KritikerInnen sind ja ohnehin auf dem falschen Dampfer, was den ehemaligen Minister aus NRW betrifft. Zumindest, wenn man die offizielle Pressemitteilung des DOSB zur Vertragsverlängerung liest. Eine wahre Eloge wurde da zu Papier gebracht: „Der Präsident des DOSB, Alfons Hörmann, dankte Michael Vesper für seinen erfolgreichen Beitrag zum Aufbau des Dachverbandes und dessen Entwicklung zur schlagkräftigen Interessenvertretung des organisierten Sports: Michael Vesper hat ganz wesentlich daran mitgewirkt, dass der vor zehn Jahren beschlossene Zusammenschluss von DSB und NOK gelungen ist und vielen heute als Zukunftsmodell gilt.“ Moment mal: Die Fusion war ja u.a ein Grund, „ mal alle Steine umzudrehen“ (Hörmann). Aber wenn die Fusion ein durchschlagender Erfolg war, warum dann überhaupt eine sicher nicht billige Untersuchung des klammen DOSB durch die Unternehmensberater von Ernst & Young? Ist die verschriftlichte Lobeshymne dann als drohender Schwanengesang zu verstehen?
Lobhudelei und Analyse
Lobhudelei und Analyse passen nicht zusammen. Glaubwürdigkeit? Im Zusammenhang mit manchen Funktionären kommt einem dieses Wort eh nur sehr schwer in den Sinn und über die Lippen. Aber was nützt das Moralisieren? Schon Willi Daume hat gesagt: „Der Sport ist keine Insel der Seligen.“ Was er in letzter Zeit häufiger unter Beweis stellte, als einem lieb sein konnte. Selbst unverbesserliche Optimisten unter den Sportfans erwarten nichts mehr von der Funktionärs-Kaste.
Und wer wird Trübsal blasen? Schließlich steht ein Festakt an, da wird man sich doch die Feierlaune nicht verderben (lassen): Am 20. Mai 2016 werden zehn Jahre Fusion zelebriert. Und zwar just an dem Ort, wo damals die Vereinigung von Deutschem Sportbund (DSB) und dem Nationalen Olympischen Komitee von Deutschland (NOK) über die Bühne ging: In der Paulskirche in Frankfurt am Main.
Gute-Laune-Bären
Da wird man im Eigen- und Fremdlob schwimmen und schwelgen, sich wieder ganz im Korpsgeist Schulter an Schulter geschlossen feiern. Der Gründungspräsident und heutige IOC-Chef Thomas Bach wird sich und die Seinen loben. Und das alles unter den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ja hinter verschlossenen Türen gerne von den DOSB-Oberen auch schon mal als „Mutti“ verunglimpft wird, die den Sport mit seinen olympischen Ansprüchen im Stich lässt. Das wird aber die Feierlaune nicht trüben. Und mit den „Feinden“, die vorübergehend an diesem Tag zu Freunden mutieren, werden gescholtene DOSB-Bosse im Kreis der erweiterten Sportfamilie die Sektkorken knallen lassen. Als Gute-Laune-Bären sind bei solchen Veranstaltungen nicht nur FunktionärInnen unschlagbar. Und wer fragt denn dann danach, ob die Fusion gelungen ist? Oder nach den tatsächlichen Erfolgen eines Vorstandsvorsitzenden und einer Führungscrew? Oder der Glaubwürdigkeit von…?
Das Kurzzeitgedächtnis hat Hochkonjunktur. Darauf ein Prost – und später dann der Katzenjammer.