Seehofer klammert sich auch an den Strohhalm Spitzensport
Berlin, 16. Oktober. Bundessportminister Horst Seehofer hat überraschend seine Sportpolitik erläutert. Auf der Pressekonferenz nach der Wahlschlappe seiner CSU erklärte der Innenminister unter anderem, er habe die Pläne zur Schließung von Bundesstützpunkten für den Spitzensport gestoppt.
Strohhalme, an die man sich klammern kann, sind rar geworden, wenn man Pleiten, Pech und Pannen – oder noch schlimmer, Versagen, Abgehobenheit und Machtklammern nach einer Wahlpleite erklären will. Und die Strohhalme von Horst Seehofer werden immer weniger.
Einer war nun der Sport. Auf die Frage, was er in seinem Ministerium bisher erreicht habe, kam zum Thema Sport eine der seltenen öffentlichen persönlichen Minister-Einlassungen: „Ich unterstütze die Spitzensportreform. Sogar mit mehr Geld. Ich habe die Pläne zur Schließung von Bundesstützpunkten gestoppt. Wir werden alle Bundesstützpunkte fortführen, auch die in Mecklenburg-Vorpommern beziehungsweise in den neuen Ländern. Das ist auch ein Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Man muss den Stützpunkten die Möglichkeit geben, Leistungssportler zu entwickeln.“
Sportfachlich – von wegen
Der Minister bestätigte damit, dass ein Kernpunkt der Spitzensportreform – Zentralisierung von Bundesstützpunkten – über Bord geworfen wurde. Auch hier wurde eine Kehrtwende in der Reform eingeleitet, denn man wollte ja eigentlich unter sportfachlichen Aspekten diese Stützpunkte ausbauen und ausrichten. Nun sind sportfachliche Gründe, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) immer ins Feld führt, offensichtlich nicht mehr das wichtigste Argument für einen Stützpunkt-Standort, sondern strukturelle. Überraschung? Nein: Zu viele Beteiligte, zu viele Eigeninteressen, also bleibt alles beim alten: DOSB, Bund und Länder haben ja ihre eigenen sportpolitischen und finanziellen Vorstellungen. Wie schon bei früheren Zentralisierungsversuchen, wo kaum genutzte und teuere Stützpunkte unterhalten wurden, anstatt für das dort verplemperte Geld andere zu stärken oder in Regionen zu investieren, wo es sinnvoll wäre.
Da hätte man dann schon eine Reihe Fragen an den Minister, zum Beispiel, was denn von dem gemeinsamen Konzept „Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportforderung“ von BMI und Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) noch übrig ist? Wie es mit der versprochenen Transparenz aussieht? Oder wie man den steuerzahlenden BürgerInnen erklären kann, dass für eine Reform, die in zentralen Punkten überhaupt nicht stattfindet, der Sport dann trotzdem eine substanzielle Steigerung der Spitzensportförderung in Höhe von 60 bis 80 Millionen Euro nach der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses in vier Wochen erwarten kann. Da ist nicht nur der Strohhalm (ein-)geknickt…