Ex-DOSB-Vorstandsvorsitzender Vesper will Präsident des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen werden
Berlin, 24. Januar. Das ist wohl eines der schnellsten Comebacks im Sport, das es je gab: Kaum in den Ruhestand verabschiedet, steht er schon wieder auf der Matte – oder besser gesagt: sitzt im Sulky. Michael Vesper soll Präsident des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen e.V., also des Turf-Sports werden. Aber nichts anderes war von dem umtriebigen Funktionär zu erwarten. Die große Sport-Familie lässt nämlich keinen im Regen stehen, der weiter mitmischen will.
War es nun das einzige lukrative Angebot , um wieder auf der Sport-Bühne aufzutauchen? Denn: Vesper und Pferde? Bisher eine unbekannte Kombination. Von einem Hang zu Pferden oder dem Galopprennsport hat der Funktionär, der sich generell in jeden passenden oder nicht passenden Sattel auf Sportplätzen aller Art schwang, nie etwas öffentlich verlauten lassen. Oder war es eine geheime Leidenschaft des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), die er einfach nicht teilen wollte? „Das Glück der Erde – jetzt mit dem Pferde?!“ um mal das Zitat mit dem Rücken zu verfremden.
Was hat das Präsidium, das sich einstimmig für den Kandidaten aussprach, zur Kür des Kandidaten bewogen? Vermutlich geht es davon aus, dass dessen (sport-)politische Kommunikations-Stränge auf nationaler und internationaler Ebene nützen könnten. Wobei es um manche Verbindung – auch als Klüngel, Vitamin B oder Netzwerk bekannt – auf dem (sport-)politischen Parkett durch Auftritte und Verhalten in den letzten Jahren nicht mehr so zum besten steht.
Michael Vesper, der Mann, den sie Pferd nannten (nach dem Titel des Streifens mit Richard Harris, ohne Stallgeruch), zwischen Zockern, Jockeys und Ladies? Ein Drehbuch für eine neue Soap!
Der 65-jährige Vesper war im Dezember aus Altersgründen aus dem DOSB ausgeschieden. Der ehemalige nordrhein-westfälische grüne Minister, Mathematiker und Soziologe war nach der Abwahl von Rot-Grün in NRW eher zufällig beim DOSB gelandet, wo er die Fusion von Deutschem Sportbund (DSB) und Nationalem Olympischen Komitee (NOK) realisieren sollte.
Während seiner elfjährigen Tätigkeit beim DOSB erarbeitete er sich zwar anfangs Respekt, doch je länger seine Amtszeit dauerte, umso umstrittener wurde der Mann mit dem großen Ego. Seine Amtszeit, so Beobachter und Wegbegleiter stehe vor allem für olympische Pleiten, Zerrissenheit des Sports und einen fragwürdigen Umgangsstil.
Bei seinem Abschied ließ er offen, ob es eine Rückkehr in den Sport geben werde. Aber Wegbegleiter, die ihn kennen, ahnten schon damals: Lange hält er es in der Versenkung nicht aus. Er braucht den großen Auftritt, die Bühne.
Nun ist also auf der Internetseite galopponline.de zu lesen, dass Vesper die Nachfolge von Albrecht Woeste antreten soll, der seit 2009 im Amt ist. Am 14. März soll die Mitgliederversammlung den Rheinländer als neuen Präsidenten wählen.
Das ist nun eine etwas andere Sport-Welt als die bisherige: Im Kreis der Schönen und (Neu-)Reichen wird sich der Funktionär Vesper, der auch gerne auf sein Engagement für Afrika verweist, bei Schampus und Häppchen im VIP-Bereich sicher gerne vergnügen, während diese ihre Pferde laufen lassen, die ihnen ein Sümmchen in die Portokasse bringen sollen.
Man darf drauf wetten, dass Vesper sicher schnell Ideen aus dem Reiterkäppi zaubert, um den dahinsiechenden Galopprennsport wiederzubeleben. Denn nicht nur der Sport selbst, auch traditionelle Rennbahnen kämpfen seit geraumer Zeit ums Überleben: Ob Neuss oder Bremen, die Luft wird immer dünner. In Frankfurt-Niederrad ging das Licht auf der Rennbahn gänzlich aus – auf dem Gelände will nun der Deutsche Fußballbund ein Leistungszentrum bauen.
Sinkende Wetteinnahmen und Zuschauerzahlen sind weitere Probleme, mit denen sich Vesper als Präsident herumschlagen müsste. Eine reizvolle Aufgabe würde er es wohl nennen. Ob der ehemalige DOSB-Strippenzieher aufs richtige Pferd gesetzt hat, wird sich zeigen: Peitsche schwingen allein reicht wohl nicht aus, um in der richtigen Bahn zu bleiben.