Kein Sockel für das DDR-Idol

Täve Schur muss draußen bleiben/ Sporthilfechef Ilgner will nun Geschichtsaufarbeitung anstoßen

Berlin, 29. April.  Er muss draußen bleiben: Auch im zweiten Anlauf schafft das DDR-Radsportidol Gustav-Adolf „Täve“ Schur nicht den Sprung in die Hall of Fame des deutschen Sports. Das gab die Stiftung Deutsche Sporthilfe am Freitag auf ihrer Homepage bekannt.

Sporthilfe-Vorsitzender Michael Ilgner erläuterte die Entscheidung der Jury kurz und knapp: „Schur ist nicht gewählt worden, und es wird in dieser Weise keinen dritten Anlauf geben. Denn die Sporthilfe ist überzeugt, dass man der gesamten Diskussion um die deutsche Sport-Vergangenheit nur versuchen kann gerecht zu werden, wenn man sich nochmals  sehr grundsätzlich mit der Thematik auseinandersetzt und nicht nur über Jury-Stimmen redet. Die Sporthilfe stößt deshalb an, eine neuerliche öffentliche Diskussion über die Vergangenheit des deutschen Sports und deren  Aufarbeitung zu führen.“

Die Sporthilfe, so Ilgner weiter, werde im Herbst ein Forum veranstalten, losgelöst von der „nachvollziehbaren Emotionalität“ der letzten Tage. Dieses Forum soll  vom Gründungsgedanken der Hall of Fame getragen sein: Brücken zu bauen und konstruktive Debatten anzuregen, .

Schurs neuerliche Nominierung – 2011 scheiterte er schon einmal – hatte heftigen Widerspruch ausgelöst. Der Doppel-Weltmeister, ehemalige Abgeordnete der Volkskammer und später des Bundestages, hat sich nie vom DDR-Unrechtsregime distanziert. Nach der neuerlichen  Nominierung befeuerte er die Diskussion um ihn und seine Aufnahme zusätzlich noch durch ein Interview im „Neuen Deutschland“, wo er wiederholt  auch das Doping in der DDR verharmloste. 

Ines Geipel, Vorsitzende der Doping-Opfer-Hilfe, die heftige Kritik an dem Vorschlag Schur übte, war erleichtert. „Nach einer  intensiven Diskussion ist die Jury ihrem Wertekodex gefolgt.“ Die von der Sporthilfe angekündigte Auseinandersetzung über die deutsche Geschichte sei überfällig, sollte aber nicht ohne die Opfer des Sports geschehen.

Enttäuschung dagegen bei Andreas Silbersack, Präsident des Landessportbundes Sachsen-Anhalt, Sprecher der Landessportbünde und Initiator der Schur-Nominierung. „Ich halte diese Entscheidung für einen kapitalen Fehler. Es wurde die Chance vertan, einen großen Sportsmann noch zu seinen Lebzeiten in die Hall  of Fame aufzunehmen.“ Er werde sich weiter dafür stark machen, „sportliche Leistungen hochzuhalten. Deutschland würde gut daran tun, intensiv zu diskutieren, wie solche Fragestellungen zu beantworten sind“, ließ er sich zitieren.

Mit „jeweils einer deutlichen Stimmenmehrheit“, so die Sporthilfe, wurden Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler, Skispringer Sven Hannawald, Kombinierer Franz Keller und Fußball-Rekordnationalspieler Lothar Matthäus aufgenommen. Wie groß die Zustimmung war, bleibt offen. Täve Schur habe, so heißt es auf der Sporthilfeseite, “das Quorum  von 50 Prozent der abgegebenen Stimmen verfehlt“.