Klassischer Interessenkonflikt

DOSB-Vesper und der Bundesrechnungshof-Bericht vor dem Bundestags-Sportausschuss

Berlin, 24. März. Der Bundesrechnungshof hat zwei Jahre lang überprüft, wie im deutschen Sport 132 Millionen Euro Steuergeld aus dem Etat des zuständigen Bundesinnenministeriums verteilt werden. Das Ergebnis überraschte Experten nicht: Es fehle an Transparenz und klaren Richtlinien, stellte der Bundesrechnungshof (BRH) in seinem Bericht fest, dem im November 2014 eine Prüfungsmitteilung vorausging.

DOSB nicht erfreut

Die Rechnungshofmitarbeiter schauten in die Unterlagen des Innenministeriums, des DOSB, der Forschungsinstitute FES, IAT und BISp, überprüften zwei Olympiastützpunkte und acht Verbände, darunter Fechter und Leichtathleten. Dabei ging es nicht nur um die Fördermittel, sondern auch darum, wer den deutschen Sport bestimmt – und ob das so seine Richtigkeit hat.

Erfreut war der DOSB nicht, als ihm das Ergebnis vorlag, ihm unter anderem wieder einmal mangelnde Transparenz vorgeworfen und neue Verteilungskriterien eingefordert wurden. Auch die Neutralität des DOSB wurde in dem Bericht angemahnt. Bei der Verteilung der Steuermittel berät der DOSB – als Interessenvertreter der Sportverbände – das Ministerium. Das sei ein klassischer Interessenkonflikt, meinten die Prüfer. Deshalb solle sich das Innenministerium zusätzlich „sportfachlich von neutralen Einrichtungen beraten lassen, die keinem Interessenkonflikt ausgesetzt sind“. BRH-Vertreter Michael Klostermann betonte nochmals im Sportausschuss, dass der DOSB dem BMI auch weiter als Ansprechpartner bei der Verteilung von Fördermitteln zur Verfügung stehen sollte – aber eben nicht mehr als alleiniger „Berater“.

Das passt der Dachorganisation natürlich gar nicht. Wer will sich schon gern in die Karten schauen lassen, auch wenn der deutsche Steuerzahler das Recht dazu hat? Schließlich pochen die Spitzenfunktionäre immer dann auf die Autonomie des deutschen Sports, wenn es ihnen gerade in den Kram passt. In einer DOSB-Stellungnahme hieß es nach der Veröffentlichung des Berichts, man fände „einige Vorschläge“ positiv, „allerdings hätten wir uns in einigen Passagen mehr sportfachlichen Sachverstand und Kenntnis im Sportsystem gewünscht“ Und außerdem würden einige der Vorschläge „zu mehr Bürokratie“ führen, die im DOSB ja gar nicht gepflegt wird…

Nun liegt der Bericht seit Wochen vor, und auch der Sportausschuss des Deutschen Bundestages beschäftigte sich – leider mal wieder in einer nichtöffentlichen Sitzung – damit. Und die Sportausschussmitglieder hatten erneut Grund, sich zu wundern.

Kein Bericht, aber Stellungnahme

DOSB-Vorstandsvorsitzender Michael Vesper behauptete, den Bericht offiziell nicht bekommen zu haben. Trotzdem hat der DOSB unmittelbar nach der Veröffentlichung aber – siehe oben – eine Stellungnahme abgegeben. Wieder einmal erntete Vesper Kopfschütteln, nicht zuletzt mit der Aussage, der DOSB sei nicht der Interessenvertreter einzelner Verbände, sondern dem Gesamtinteresse des organisierten Sports verpflichtet. Vermutlich wunderte sich auch der BMI-Sport-Abteilungsleiter Gerhard Böhm, der sein Ministerium im Ausschuss vertrat, nicht nur über diese Einlassung. Er wollte der anstehenden Diskussion über die künftige Struktur der Spitzensportförderung nicht vorgreifen. „Wir wissen ja nicht einmal, ob es bei der Struktur bleibt.“

Der sportpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Öczan Mutlu, begrüßte, dass das BMI die Kritik des Bundesrechnungshofes aufgegriffen hat, und beispielsweise Mittel umschichtet. „Ich finde, die Kritik ist berechtigt. Wir Grüne haben uns an dieser Intransparenz schon immer gestört.“ Er forderte das BMI, aber vor allem den DOSB auf, „die Kritik des Rechnungshofes ernst zu nehmen und zu handeln“.

Keine Zeit für Selbstkritik

Ob dafür Zeit bleibt? Jetzt geht es ja erst einmal darum, die Olympiabewerbung Hamburgs auf die Reihe zu kriegen, und der Nation plausibel zu verklickern, warum nun die Bürgerbefragung in der Hansestadt erst im im Oktober oder November, nach der offiziellen Bewerbung beim IOC am 15. September 2015 über die Bühne gehen soll. Öffentlich zugesagt war das anders: Erst Befragung, dann Bewerbung. Aber was interessiert den DOSB-Sportfunktionär sein Geschwätz von gestern? Den Seilschaften der olympischen Gipfelstürmer sollen nun nicht weitere Berichte von anderen unangenehmen Baustellen die gute Laune verhageln und sie in die Bredouille bringen. Und Selbstkritik? Die ist sowieso schon lange nicht mehr das Ding des DOSB und seiner Führungs-Crew.

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