Kein Sport gehört nur Männern oder Frauen – Ein Kommentar nicht nur in eigener Sache
Berlin, 30. Juni. Das ZDF hat zu Recht Anzeige gegen zwei Internet-Nutzer gestellt, die ihre Mitarbeiterin Claudia Neumann in den sozialen Medien in widerlicher und Art und Weise während der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland beleidigt und diffamiert haben.
Claudia Neumann macht nichts anderes, als ihrem Beruf nachzugehen: Sie ist Sportjournalistin und kommentiert unter anderem Spiele bei der Männer-Fußball-Weltmeisterschaft. Sie ist fachlich kompetent und hat das schon vielfach bewiesen. Ihr Pech ist, dass sie auch Männer-Fußball kommentiert, den viele noch immer für die MÄNNER-Domäne im Sport halten. Und dass es mittlerweile soziale Medien gibt, in denen sich jeder Vollpfosten – vor allem auch anonym – über alles und jede(n) auslassen kann.
Es ist nun nichts Neues, dass Sportjournalistinnen kein leichtes Berufsleben haben, weil – trotz vieler Fortschritte und (männlicher) Bekenntnisse sowie Einsichten – Sport immer noch hauptsächlich von Männern erklärt, gemacht und geführt wird. Wer sich über 40 Jahre auf dem Feld des Sportjournalismus als Frau tummelt, kann über frauenfeindliche Erlebnisse – von blöden Sprüchen über Anmache bis hin zu Belästigung – einiges erzählen. Sportjournalistinnen haben darauf ihre Antwort gegeben: Mit Kompetenz und Sachverstand haben viele ihren Weg gemacht und bewiesen, dass sie in einer Männerdomäne erfolgreich ihre Frau stehen.
Um so unverständlicher und erschreckend ist es, was Claudia Neumann derzeit an brutalem Hass entgegenschlägt. Und das auf einem Spielfeld, auf dem Fouls verpönt sind und Fair play angeblich groß geschrieben wird.
Sportjournalistinnen passen ganz sicher nicht in das Weltbild dieser Spezies, die sich da großmäulig, unqualifiziert und unverschämt artikuliert. Es ist meist wohl auch die Art von Krawallmacher, die die Gesellschaft aufmischen und sich am liebsten in die Zeiten zurück beamen wollen, als Frauen ihren Platz am Kochtopf hatten. Und die vermiesen ihnen nun auch noch ihren „Volkssport“.
Ihnen gilt es Paroli zu bieten. Wie? Mit Solidarität aller. Und mit Taten.
Vielleicht sollte der Deutsche Fußball-Bund sich im positivsten Sinn als „Frauenversteher“ und Frauenförderer in Position bringen, um den Gröhlern im Internet den Wind aus den Segeln zu nehmen und ein wirklich frauenfreundliches Klima schaffen.
Vorschläge: Frauenfußball und Männerfußball auf allen Ebenen gleich behandeln. Im Präsidium neben der Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg noch andere Positionen mit Frauen besetzen. Und eine Mediendirektorin engagieren. Dann würden sicher auch Kommentatorinnen bei Männer-Fußballweltmeisterschaften akzeptiert.
Besonders sind natürlich auch Spitzenfunktionärinnen, die in Dach-, Fach- und Landesverbänden sitzen, gefordert. Es reicht nicht, wenn sie über Gleichstellung, Quoten oder mehr Frauen in Führungsrollen schwadronieren. Gerade sie müssen ihrer Rolle und diesen Aufgaben auch gerecht werden und nicht auffallend sprach- und mutlos sein, wenn Frauenbelange und Frauenrechte vertreten und verteidigt werden müssen. Vor 20 Jahren war frau da schon einmal weiter, als wirkliche Inhalte und nicht nur Führungsansprüche bei den Sportfrauen diskutiert wurden. Und Funktionärinnen sich Widerspruch leisteten, ohne ängstlich an einen möglichen Verlust ihres kommoden Platzes am Präsidiumstisch zu denken.
Starke, präsente Sportfunktionärinnen würden dazu beitragen, dass Männer-Fußball, von Frauen kommentiert, zur Selbstverständlichkeit wird.
Und überhaupt: Es gibt keinen Sport, der nur Männern oder Frauen gehört. Also Männer auch kein Anrecht darauf haben, allein kommentierende Fußball-Päpste zu sein. Fachkompetenz hat kein Geschlecht. Schon gar nicht im Sport. Starke Frauen gehen kicken. Oder kommentieren Kicken.
Bin mal kurz im Stadion! Also: Auf ein neues Claudia Neumann!